Die SPD freut sich, dass nun endlich ein erster Aufschlag aus der ZRR zum Umgang mit dem Strukturwandel im Rheinischen Revier im Allgemeinen und dem Rhein-Erft-Kreis im Speziellen erfolgt ist. In der ersten Fassung finden wir über 200 Seiten vor, die die einzelnen Felder betrachten und in Schlaglichtern Optionen, Ideen und Visionen sammeln.
„Wir kämpfen seit einem Jahr im Kreistag gegen Windmühlen. Es ist gut zu sehen, dass unsere Ideen und unsere Anträge in großer Zahl nun im Text der ZRR wiederzufinden sind“, zieht Dierk Timm, Fraktionsvorsitzender der SPD-Fraktion im Rhein-Erft-Kreis, ein erstes Resümee. „Nichts desto trotz muss klar sein, dass dieses Dokument auch kurzfristig noch atmen muss. Denn selbst als allgemeiner Leitfaden ist vieles zu unkonkret“, so Timm weiter. „Das nur wenige Tage für das Studium von über 200 Seiten bereitgestellt wurden, ist sehr problematisch“, schließt Timm mit dem wohl zentralen Kritikpunkt.
Breite öffentliche Diskussion ist notwendig
Bereits in der Einführung und dem Rahmen finden sich Aussagen von zentraler Bedeutung, die breit diskutiert werden müssen.
„Dass zu Veranstaltungen wie dem Auftakt in Bergheim, als auch den Revierknoten, nicht öffentlich eingeladen oder zumindest ihre (Zwischen-)Ergebnisse veröffentlich wurden, zeigt, dass keine echte öffentliche Beteiligung hergestellt worden ist“, stellt die neue Vorsitzende der Rhein-Erft SPD, Dagmar Andres, fest. Die ZRR plant nun im nächsten Schritt die Öffentlichkeit einzubinden.
„Dass man die Öffentlichkeit mit solch einer 200-seitigen Vorfestlegung gleich zu Beginn vor den Kopf zu stoßen droht, wird dabei übersehen. Dass bei manchen Knoten entscheidende Akteure fehlten, sieht man deutlich“, so Daniel Dobbelstein, Vorsitzender der Rhein-Erft SPD, weiter. „So sehr ich die RWTH und das Forschungszentrum Jülich achte, so sehr muss ich mich fragen, wieso keine sichtbare Teilhabe der Universitätsstandorte Düsseldorf und Köln in dem Papier zu sehen sind.“
Die SPD an Rhein und Erft freut sich, dass sich alle Akteure einig sind, dass wir weiterhin ein Energiekreis mit einer starken, am Ende des Prozesses nachhaltigen und klimaneutralen Industrie sind. Ob wir unsere Energieversorgung jedoch dauerhaft von Importen abhängig machen wollen, muss breit diskutiert werden und wird von der SPD kritisch gesehen. Des Weiteren sind viele Felder sehr gut angedacht. Den Prozess als neue Form der öffentlichen Beteiligung zu strukturieren, ist aus Sicht der SPD alternativlos. Man sieht bei der Erft-S-Bahn und der Rheinbrücke wieviel mehr Zustimmung in der Bevölkerung erreicht wird, wenn Entscheidungen nicht im Nachherein erklärt, sondern im Prozess begleitend nachvollziehbar gemacht werden.
Kommunen müssen mit ans Steuer
Fehlende Einbindung zentraler Akteure ist – zumindest noch – in vielen Teilen des Papiers sichtbar. Besonders hervorzuheben sind hierbei zwei Punkte:
„Dass die ZRR das zentrale Instrument der Region zur Koordination des Strukturwandel sein soll, unterstützen sicher alle Akteure im Revier“ bekräftigt Sascha Solbach, Bürgermeister der Stadt Bedburg, sein Bekenntnis zur ZRR. “Wir begrüßen, dass im aktuell vorgelegten Entwurf die Forderungen der Kommunen gewürdigt werden. Wir haben dafür gekämpft, dass es ein klares Bekenntnis zur Mitbestimmung der Kommunen gibt, dass es zusätzliche Flächenausweisungen in den neuen Regionalplanungen geben soll und dass diese Flächen in einem vereinfachten Verfahren schnell, rechtlich sicher und mit Rücksicht auf die Bürgerschaft entwickelt werden. Ebenso sind wir froh, dass im vorliegenden Entwurf nun auch die bestehende Wirtschaft gewürdigt wird. Wir haben hervorragende Unternehmen in der Region – diese gilt es zu stärken, damit neue Arbeitsplätze entstehen – und zwar jenseits von Forschung und Entwicklung. Dies sind Erfolge, die auf die überzeugende Zusammenarbeit der Bürgermeisterinnen und Bürgermeister der Region zurückgehen. Wir freuen uns auf die Zusammenarbeit mit der ZRR in den kommenden Jahren. Die Kommunen bilden einen Beirat und entsenden drei Mitglieder in den Aufsichtsrat der ZRR.“
Der Revierknoten Infrastruktur wird offen mit Doppelstrukturen auf den Weg gebracht.
„Wenn die ZRR eine Bestandsaufnahme, beispielsweise bei der Schieneninfrastruktur machen will, kann sie einfach zum Hörer greifen und beim NVR anrufen“ so Timm, ebenfalls Fraktionsvorsitzender der SPD im Zweckverband Nahverkehr Rheinland. „Nicht umsonst haben wir dort bereits zu Beginn des Jahres 2019 Stellen für die speziellen Herausforderungen des Strukturwandels geschaffen. Ideen, Pläne und Visionen müssen nur abgefragt, jedoch ganz sicher nicht zusätzlich an einer zweiten Stelle entwickelt werden. Der NVR macht immerhin seit Jahrzehnten Infrastrukturplanung und Koordination.“
Handlungsdruck steigt, SPD-Vorschläge wurden lange blockiert
Die mutmaßlich wegfallenden Ausbildungskapazitäten zu kompensieren, ist ebenso unstrittig, wie ein Recht auf Weiterbildung. Aus Schlagworten müssen jedoch unter Beachtung der Bevölkerungsstruktur und den vorhandenen Ressourcen schnell konkrete Handlungen abgeleitet werden.
Auf dem Weg dahin steht die Prüfung, ob insbesondere Forschung, neben der wichtigen Grundlagenarbeit, in unserer Situation konkrete Arbeitsangebote in gleicher Qualität und Bezahlung der wegfallenden Arbeitsplätze bieten können.
„Im Jahr 2030 darf der mittlere Lohn inflationsbereinigt nicht geringer als heute sein. Das geht nur, wenn das „Innovation Valley Rheinland“ neben Akademikern auch Ungelernten und der großen Zahl Facharbeitern einen gutbezahlten Arbeitsplatz anbietet“ sind sich Andres und Dobbelstein einig.
„Der biodiverse, mit 100% erneuerbar produzierte, über nachhaltige Power to Gas Speicher betriebene Rhein-Erft-Kreis im Jahr 2030 ist ein wichtiges Ziel. Nur muss irgendwann einmal Schluss sein mit der Aneinanderreihung von Buzzwörtern. Seit über einem Jahr machen wir Vorschläge für konkrete Maßnahmen und werden bei ihrer Ablehnung immer wieder vertröstet. Wir brauchen neue Arbeitsplätze aber bald und nicht erst in einem Jahrzehnt“, so Timm.
„Der nahezu komplette Fokus auf Forschung und Entwicklung als Heilmittel und da ausschließlich auf der Forschungslandschaft in Aachen und Jülich, droht das Revier an den Tagebauen Garzweiler und Hambach aus den Augen zu verlieren. Der Rhein-Erft-Kreis und damit sechs der 20 hauptbetroffenen Städte sind in diesem Entwurf bestenfalls Randerscheinungen“, bringt Sascha Solbach die Kritik auf den Punkt.
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