Nach Monaten, in denen von Seiten der Kreistagsmehrheit aus CDU, Grünen und FDP kaum ein eigener Beitrag zum Thema Strukturwandel gekommen ist, stand im Kreistag nun doch einmal ein Koalitionsantrag zum Schicksalsthema des Rhein-Erft-Kreises auf der Tagesordnung. Allerdings ging es hier nur darum, einen Vorschlag der SPD-Kreistagsfraktion aus Januar nun unter Koalitionsbriefkopf selber zu beantragen. Die Sozialdemokraten hatten damals vorgeschlagen, ein häufig tagendes Gremium zur kontinuierlichen Behandlung des Strukturwandels einzurichten und dabei viele gesellschaftliche Gruppen einzubinden. Der Vorsitzende der SPD-Kreistagsfraktion, Dierk Timm, erläutert:
„Im Januar kam unser Antrag, im Februar verständigte sich der Ältestenrat grundsätzlich und im April gab es Einvernehmen im Ältestenrat. Dann braucht es erneut fünf Monate bis endlich was passiert. Ein dreiviertel Jahr Wartezeit zeugt nicht von Handlungswillen bei der Kreistagsmehrheit. Die gestrige, viel zu kurze Debatte hat sehr deutlich gemacht, dass es gestern nicht darum ging, inhaltlich etwas beim Thema Strukturwandel zu bewegen. Ich hoffe sehr, dass das neue Gremium jetzt endlich seine Arbeit aufnehmen kann. Dort wird eine ernsthafte inhaltliche Arbeit dann hoffentlich möglich sein. Auf Dauer reicht das „alles-wird-gut-Mantra“ von CDU, FDP und Grünen nicht, irgendwann muss auch mal Substanz folgen.“
Bürgermeister ernsthaft einbinden? Nicht mit CDU und Grünen.
Timm bezieht sich dabei darauf, dass die SPD-Fraktion versucht hatte, aus der seitenlangen, unkonkreten Begründung des Koalitionsantrags noch konkrete Beschlüsse zur Abstimmung stellen zu lassen. Ein wichtiger Punkt für die Sozialdemokraten war die direkte Einbindung der Tagebauanrainerkommunen als Gesellschafter der ZRR. Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Ingpeer Meyer aus Kerpen betont:
„Die Bürgermeister wollen direkt an der Gestaltung des Strukturwandels in ihren Kommunen beteiligt werden. Das ist eine lange bekannte und von uns immer unterstützte Forderung. In den Stadträten von Kerpen, Bedburg, Bergheim und Elsdorf wurden größtenteils einstimmig entsprechende Resolutionen verabschiedet. In ihrem Antrag schwadronieren die Koalitionäre blumig von der angeblich wichtigen Rolle der Kommunen, aber sie sind nicht bereit, dies konkret in einem entsprechenden Beschluss auszusprechen. Der Landrat will seine Bürgermeister nicht mit am Tisch haben und CDU und Grüne helfen ihm dabei.“
Das Land verpflichten die Strukturwandelkommunen finanziell zu entlasten? Nicht mit CDU und Grünen.
Ebenfalls bloß erwähnt wird im Koalitionsantrag, dass die Kommission für Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung empfohlen hat, den bei Förderprojekten vorgesehen Eigenanteil von 10% den Kommunen nicht aufzuerlegen. SPD-Kreistagsmitglied Klaus Lennartz betont:
„Hier müssen wir die Landesregierung in die Pflicht nehmen, damit die eh schon stark belasteten Städte wichtige Projekte nicht aus finanziellen Gründen liegen lassen müssen. Dies ist umso wichtiger, als sich immer wieder zeigt, dass die schwarz-gelbe Landesregierung üblicherweise die Kommunen auf Kosten sitzen lässt. Das haben wir bereits mehrfach vergeblich beantragt und auch diesmal weigern sich CDU, Grüne und FDP sich für die Städte im Rhein-Erft-Kreis einzusetzen.“
Flächenpotential in Niederaußem für neue Arbeitsplätze aktivieren? Nicht mit CDU und Grünen.
Nachdem die Sozialdemokraten bereits zweimal angeregt hatten, die Folgenutzung der Kraftwerksflächen und der nicht benötigten BOAplus-Fläche in Niederaußem anzugehen, damit zeitnah neue Arbeitsplätze auf diesen Flächen geschaffen werden können, wurde im Antrag von CDU, Grünen und FDP nun nebulös von „bereitzustellenden Konversionsflächen“ gesprochen. Die Bergheimer SPD-Kreistagsabgeordnete Fadia Faßbender meint dazu:
„Dem Industriestandort Niederaußem könnte eine Schlüsselrolle für die Ansiedlung der dringend benötigten neuen Arbeitsplätze als Ersatz für die in wenigen Jahren wegfallenden Jobs in Niederaußem und den Tagebauen zu kommen. Leider besteht bei den Mehrheitsfraktionen keinerlei Bereitschaft, hier aktiv zu werden. Dies wurde erneut sehr deutlich. Wir verlieren hier Zeit, die wir eigentlich schon gar nicht mehr haben. Ein Trauerspiel.“
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