Im Rahmen der „Ende Gelände“-Proteste wurden Ende Oktober rund 150 Menschen durch die Polizei von den Schienen der Hambachbahn weggetragen. Rund 2.000 Aktivisten hatten zuvor die Bahnstrecke für mehr als 24 Stunden blockiert. Die Polizei Aachen hatte den Aktivisten angeboten, auf eine Strafanzeige zu verzichten, wenn sie die Gleise freiwillig räumten. Dieses Vorgehen der Polizei kann ich nicht nachvollziehen.
Einem Lokführer eines mit über 40 Personen besetzten Schienenbusses gelang es nur mit einer unmittelbaren Notbremsung, einen Zusammenstoß mit dunkel gekleideten Personen im Gleis zu vermeiden. Der Schienenbus blieb glücklicherweise etwa 10 Meter vor den Personen stehen. Deshlab fragte ich bei der Landesregierung nach, ob Schienenbesetzungen inzwischen nicht mehr gahndet werden, obwohl sie unter §315 des Strafgesetzbuchs fallen (gefährliche Eingriffe in den Bahn-, Schiffs- und Luftverkehr). Die Landesregierung führte aus, dass eine Strafverfolgung ins Ermessen der ermittelnden Staatsanwaltschaft fallen würde.
Ich finde diese ausweichende Haltung völlig fehl am Platze. Ein Eingriff in den Bahnverkehr ist eine Straftat, die geahndet werden muss. Der Rechtsstaat muss Handlungsfähigkeit beweisen und darf ein solches Verhalten nicht tolerieren. Denn unser Zusammenleben in der Gesellschaft funktioniert nur, wenn sich alle an die Regeln halten und Verstöße zu Sanktionen führen.
Nach den Ausführungen der Landesregierung können Versammlungen und Demonstrationen in der Nähe von Bahngleisen verboten werden. Von dieser Möglichkeit müssen die genehmigenden
Behörden meiner Meinung nach häufiger Gebrauch machen, um die Demonstranten und die Mitarbeiter auf der Hambachbahn zu schützen. Es darf keine Präzedenzentscheidungen geben, die Bahngleise als geeigneten Demonstrationsort legitimieren.
Dokument:
Antwort auf Kleine Anfrage 1650 – Bahngleisbesetzungen in NRW manchmal legal