In der heutigen Sitzung des Innenausschusses hat der Landtagsabgeordnete Guido van den Berg zum Polizeieinsatz im Tagebau Garzweiler am 15.08.2015 Stellung genommen.
Der SPD-Landtagsabgeordnete Guido van den Berg stellte direkt zum Eingang seiner Stellungnahme dar, dass die Pluralität der Meinungen und das Demonstrationsrecht ein hohes Gut in unserer Gesellschaft sind. Er erinnert daran, dass auch Bergleute und Kraftwerker das De-monstrationsrecht – friedlich und mit Respekt vor anderen – nutzen. Ein gutes Beispiel sei die Großdemonstration Ende April in Berlin ge-wesen, bei der unter den Demonstranten auch Greenpeace-Aktivisten mitliefen – und zwar unbehelligt und demokratisch geduldet.
„Polizei schützt Demonstrationsrecht aber auch Rechte Dritter“, erklärte Guido van den Berg und betonte: „Wer daraus ableitet, die Po-lizei sei ‚Prügler‘ oder ‚Einkerkerer‘ für oder gegen Klimawandel, hat von Polizeiarbeit keine Ahnung“. Er erinnerte daran, dass Aktivisten vom „Klimacamp“ am 23.August 2013 auch die Parteizentrale von Bündnis 90 / Die Grünen in Düsseldorf besetzt hatten und die Partei nach Stunden die Polizei um Hilfe bitten musste, um ihr Hausrecht durchzusetzen. Auch hier wurden Anzeigen nach §123 StGB wegen Hausfriedensbruch gestellt. Das Recht gelte hier für alle gleich.
Der SPD-Politiker stellte dar, dass er den Polizeieinsatz als parlamentarischer Beobachter an dem Tag beobachtet habe und auch den Ein-satz einer Hundertschaft beim Lösen von Ketten beobachtet hat. Die Polizei habe hierbei – trotz keinerlei Kooperationswillen der Aktivisten und trotz bereits mehrstündigen sehr intensiven Einsatzes – sehr besonnen und umsichtig agiert. Dies sei körperlich harte Arbeit, aber letztlich das, was wir unter zivilem Ungehorsam verstehen.
Klare Rechtsbrüche seinen hingegen kein ziviler Ungehorsam. Guido van den Berg schilderte, dass er erlebt habe, wie das Einsatzzentrum der Polizei in Düren vor allem davon getrieben war die Demonstranten selber bei ihren Straftaten vor Gefahren zu schützen: „Es war klar, dass sich Menschen hier wissentlich und unwissentlich in Gefahr bringen. In Tagebauen können Menschen verschüttet werden oder an Überhängen abstürzen. Alle hatten Sorgen zerfetzte Menschen in schnell drehenden Bandanlagen zu haben. Höhenrettungen an 90 Meter hohen Baggern bringen Aktivisten und Retter in Lebensgefahr. In Tagebauen laufen Starkstromleitungen von 30.000 Volt und vieles mehr“.
Er betonte, dass dies leitend für den Einsatz der Polizei vor Ort war und nicht die auch berechtigten Interessen eines Unternehmens: „Mich ärgern verdrehende Darstellungen, die so tun, als wäre der LKW Fahrer schuld, wenn man sich nachts hinter einer Kurve auf die Autobahn legt“.
Guido van den Berg forderte in seinem Redebeitrag auch Nachdenklichkeit zu der Rolle von „Parlamentarischen Beobachtern“ ein. Er lobte den großen Willen der Kreispolizeibehörde Düren, Transparenz zur Einsatzplanung gegenüber interessierten Abgeordneten zu schaffen. Er berichtete aber auch von einem sächsischen Abgeordnetenkollegen, der mit einer Rechtsanwältin als „Parlamentarischer Beobachter“ Einblicke in die nächsten Einsatzschritte ersuchte, gleichzeitig aber offizieller Mitaufrufer von „Ende Gelände“ war: „Der Kollege stand in ständigen Onlinekontakten, als die Polizei uns informierte. Wir sollten unser Rollenverständnis als Abgeordnete hier hinterfragen. Es kann ja nicht sein, dass wir als Abgeordnete ohnehin schwierige Polizeieinsätze durch uns selber zusätzlich erschweren“.
Nach Ansicht von Guido van den Berg sei auch Nachdenklichkeit mit Blick auf das Verhalten einzelner Medienvertreter angezeigt. Es habe in den Gruppen der widerrechtlich in den Tagebau eingedrungenen Aktivisten eine hohe Verbreitung von Presseausweisen gegeben: „Wenn man dann für sich Sonderrechte jenseits des geltenden Strafrechts einfordert, ist das schon schwierig“.
Der SPD-Abgeordnete schilderte, dass er auch wirklich Gutes erlebt habe: „Als ein taz-Redakteur an der Tagebaukante prahlte, dass er so tolle Bilder mit blutigen Gesichtern gemacht habe, war der Redakteur des Kölner Stadt Anzeigers vor Ort so cool zu sagen, dass er sowas für eine objektivierte Berichterstattung nicht brauche“.
Wirklich schwierig sei die These, dass die Straftaten vielleicht nicht legal – aber dennoch legitim sein könnten. „Ein vermeintlich guter Zweck heiligt im Rechtsstaat keineswegs Mittel jenseits des Gesetzes“, so Guido van den Berg. Dies sei auch kein ziviler Ungehorsam mehr: „solche Interpretationen hebeln Rechtsstaatlichkeit und das Legalitätsprinzip aus“, stellt er klar. Besonders traurig sei, dass diese Lesart gerade von einem öffentlich rechtlichen Sender gekommen ist und der Sender bislang keine Kraft hatte, sich davon klar zu distanzieren.
Guido van den Berg zitierte einen Polizeibeamten aus einer Einsatzhundertschaft, der sich am 22.08.2015 in den Aachner Nachrichten geäußert hatte:
„Der Frust kommt dann, wenn man später sieht, wie alles dargestellt wird. Man findet seinen eigenen Einsatz in den Medien wieder und fühlt sich falsch dargestellt. In der Öffentlichkeit fin-det sich oftmals eine recht einseitige Darstellung. (…) Was mich sehr geärgert hat, ist die Formulierung, man habe Polizeiabsperrungen „durchflossen“. Wenn man an Polizeibeamten vorbeigeht, sie schlägt, sich gewaltsam Platz verschafft, eine Sperre durchbricht, ist das kein „durchfließen“. Das ärgert mich. Das spiegelt nicht die Situation wider, wie wir sie vor Ort erlebt haben. (…) Weit über 100 Leute sind auf rund 30 Kollegen zugekommen und haben sich teils durchgedrückt, geschubst, einige haben geschlagen und getreten. Das ist kein ziviler Ungehorsam mehr.“
Guido van den Berg betonte, dass die Polizei einen schwierigen Job leisten musste. Sie müsse sich selbstverständlich Kritik stets stellen und Einsatzfehler, die bei großen Lagen auch immer wieder passieren, aufarbeiten. „Politisch und öffentlich dürfen wir die Arbeit der Polizei nicht dadurch erschweren, als ob wir so tun, als ob es ‚friedliche Straftaten‘ geben würde“, erklärte der SPD-Abgeordnete abschließend.