„Interessen der Region zuerst. – Parteipolitik hilft jetzt nicht!“

Die Spitze der SPD im Rhein-Erft-Kreis, Dagmar Andres, Brigitte Dmoch-Schweren, Guido van den Berg und Dierk Timm haben ein gleichlautendes Schreiben an Bundeskanzlerin Merkel und Bundeswirtschaftsminister Gabriel verschickt. Die Sozialdemokraten schildern die dramatischen Folgen des vom Wirtschaftsministerium mit dem Kanzleramt abgestimmten Vorschlags für ein Strommarktdesign für das rheinische Braunkohlenrevier.

Die jüngsten Äußerungen des CDU-Kreisvorsitzenden Golland, der einzelne SPD-Abgeordnete jetzt Glaubwürdigkeits-Vorwürfe macht, bedauert Guido van den Berg: „Dafür habe ich kein Verständnis. Es geht schließlich um tausende Arbeitsplätze und nicht parteipolitisches Klein-Klein. Die Vorschläge des Bundeswirtschaftsministeriums waren bekanntlich mit dem Bundeskanzleramt bzw. dem Chef des Kanzleramtes Herrn Altmeier abgestimmt. CDU und SPD aus der Region haben genug zu tun, jeweils in der Großen Koalition in Berlin zu verdeutlichen, dass die vorliegenden Eckpunkte zurückgenommen werden müssen.“

Auf Anregung der Abgeordneten aus dem rheinischen Revier hat heute die SPD-Landtagsfraktion einstimmig eine Positionierung zum „Eckpunktepapier Strommarkt“ vorgenommen. In dem Positionspapier wird die Bundesregierung dazu aufgefordert, keine Entscheidungen zu treffen, die den Industriestandort NRW und tausende Arbeitsplätze gefährden. Auch wenn man das Ziel verfolge, den CO2-Ausstoss bis 2020 um 40 Prozent gegenüber den Werten von 1990 zu vermindern, dürfe dieses Ziel nicht einseitig zu Lasten der Braunkohle gehen. Sowohl Privathaushalte als auch die Industrie seien auf sicheren, sauberen und bezahlbaren Strom angewiesen.

Zum Hintergrund: Im Kölner Stadt Anzeiger vom 24.03.2015 heißt es:

„(…)„Das ist ein Anschlag auf das rheinische Revier, auf die Versorgungssicherheit und die Bezahlbarkeit des Stroms“, wettert der CDU-Kreisparteivorsitzender und Landtagsabgeordnete Gregor Golland. Zehntausende Arbeitsplätze werden geopfert.“ Seinen SPD-Kollegen im Landtag wirft er Unglaubwürdigkeit vor. Stets erweckten sie den Eindruck, an der Seite der Braunkohle zu stehen, und verschleierten damit die wahre Politik der SPD. Nun, Gabriel ist Minister der Großen Koalition in Berlin, und seine Genossen vor Ort sind nicht minder geschockt: „Das ist dramatisch“, schätzt Guido van den Berg, Kreisparteivorsitzender mit Landtagsmandat, die Lage ein. Gabriels Pläne, die alten Braunkohleblöcke mit einer zusätzlichen Abgabe zu belegen, führe unmittelbar zu deren Stilllegung. „Außer den BoA-Blöcken stünde alles still“, sagt van den Berg. Was gleichzeitig bedeute, dass die Tagebaue Hambach und Garzweiler ebenfalls unrentabel wären „Wenn das kommt“, sagt van den Berg, „müssen wir über die Innovationsregion Rheinisches Revier nicht mehr reden, dann geht es nur darum, ob die Arbeitsagentur breit genug aufgestellt ist, um in großem Stil Hartz IV auszuzahlen.“ Gelassener reagiert CDU-Kreistagsfraktionschef Willi Zylajew. „Die Geschwindigkeit Gabriels ist brutal, aber andererseits: die alten Kisten von RWE. Da sollten die in Essen überlegen, wie laut man öffentlich blöken darf.“ Er habe in Berlin hinter den Kulissen gehört, dass RWE bei den Regierungsplänen noch sehr gut davonkomme.(…)“

Das am 24.03.2014 verabscheidete Positionspapier der SPD-Landtagsfraktion lautet:

"Das Bundeswirtschaftsministerium hat ein „Eckpunktepapier Strommarkt“ vorgelegt, das in seiner Konsequenz mit erheblichen Risiken für die Stromwirtschaft, die Industrie und die Arbeitsplätze in NRW verbunden ist.
Die SPD-Landtagsfraktion unterstützt Ministerpräsidentin Hannelore Kraft dabei, die Interessen unseres Landes bei der Umsetzung zu vertreten, um insbesondere die Arbeitsplätze im Rheinischen Revier und in der energieintensiven Industrie zu erhalten.

Die SPD-Landtagsfraktion und die Landesregierung stehen an der Seite der Menschen in der Region.
Für Nordrhein-Westfalen ist es wichtig, dass für eine erfolgreiche Energiewende der Pfad eines
geordneten und langfristigen Strukturwandels eingeschlagen wird. Kurzfristige soziale, energie- und beschäftigungspolitische Verwerfungen und radikale Strukturbrüche müssen verhindert werden.
Die SPD Landtagsfraktion unterstützt das nationale Klimaschutzziel bis 2020, 40 % Co2-Minderung im
Vergleich zu 1990 zu erzielen. Dieses Ziel darf aber nicht einseitig zu Lasten eines Sektors oder eines Energieträgers verfolgt werden.

Die Vorschläge des „Eckpunktepapier Strommarkt“ erfüllen diese Voraussetzungen in der vorliegenden
Form nicht. Sie sind mit der Gefahr verbunden, dass es zur Stilllegungung erheblicher
Kraftwerkskapazitäten vor allem in den Braunkohlerevieren kommt, die dann auch den wirtschaftlichen Betrieb der Tagebaue und die Rekultivierungsplanungen infrage stellen würden.

Die Grundannahmen und Modellrechnungen des Eckpunktepapiers des Bundeswirtschaftsministeriums müssen deshalb gemeinsam mit den betroffenen Ländern, den Unternehmen und den Vertretungen der
Beschäftigten überprüft und die Eckpunkte entsprechend angepasst werden. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die Braunkohle der einzige heimische und subventionsfreie Energieträger ist, der eine kostengünstige Stromproduktion bei hoher Versorgungssicherheit gewährleistet. Dies ist insbesondere für die energieintensive Grundstoffindustrie in NRW und die mit ihr
verbundenen Wertschöpfungsketten von hoher Bedeutung.

Die im Eckpunktepapier vorgesehene Verbesserung der Förderung der Kraft-Wärmekopplung ist zu
begrüßen. Der Verzicht auf das Ziel, 25 % der Stromerzeugung künftig auf KWK-Basis zu erzeugen, ist jedoch nicht akzeptabel. Daher müssen die Förderbedingungen für KWK weiter verbessert werden und dürfen in der Bestandsförderung keinen Energieträger ausschließen.

Die Landtagsfraktion fordert die Landesregierung auf, sich auf Bundesebene weiterhin für eine
Energiepolitik einzusetzen, die Versorgungssicherheit, Preiswürdigkeit und Klimaschutz als gleichgewichtige Ziele verfolgt und die industrielle Basis unseres Wohlstandes erhält."