
Es reicht nicht, dass wir nur sagen, gut, dass wir darüber gesprochen haben. Deshalb habe ich die IHK Köln und den Vorsitzenden der Bürgermeisterkonferenz einmal in den Landtag eingeladen, um uns mit der Staatskanzlei auszutauschen, erklärt der SPD-Landtagsabgeordnete
Guido van den Berg. In dem Gespräch unterstrich
der Leiter der Geschäftsstelle Rhein-Erft der IHK Köln, Thorsten Zimmermann, die Notwendigkeit zur Bereitstellung von ausreichenden Flächen für die Erweiterung und die Verlagerung bestehender
Unternehmen, aber auch für die Ansiedlung neuer Betriebe. Walther Boecker stellte klar, dass die Entfaltung der wirtschaftlichen Potentiale der Region kein Selbstläufer sei, da es gerade im Wachstumsraum Köln erhebliche Bedarfe gebe. Martin Hennicke als Leiter der Landesplanung in der Staatskanzlei bedankte sich für die Hinweise
und bestätigte, dass die Flächenbedarfe auch ein wichtiges Thema der Innovationsregion Rheinisches Revier sei. Die Region solle überlegen, ob man gemeinsame Interessen zum Landesentwicklungsplan
hier bündeln kann. Alle Teilnehmer empfanden die
Hinweise als sehr hilfreich für den aktuellen Meinungsbildungsprozess zur Landesentwicklungsplanung.
Lesen Sie hier den Bericht: "Kaum noch Platz für neue Firmen" von Norbert Kurth im Kölner-Stadt-Anzeiger vom 16.01.2014:
"Rein rechnerisch verfügt der Rhein-Erft-Kreis über ausreichend Flächen zur Gewerbe- und Industrieansiedlung. Zwischen Bedburg und Erftstadt, Kerpen und Wesseling gibt es allein für Gewerbebetriebe eine Flächenreserve von 398 Hektar. Für die Industrie stehen immerhin 299 Hektar bereit. Insgesamt mehr als der prognostizierte Bedarf.
Dennoch ist die wirtschaftliche Entwicklung gefährdet. Denn: der größte Teil dieser Flächen steht weder unter der Verfügungsgewalt der Kommunen noch der lokalen Wirtschaftsförderer, sondern befindet sich in privatem Besitz. Unter dem Strich fehlen den Städten Flächen für Handwerk und Industrie.
Auch der Landesentwicklungsplan 2025, der Gewerbe- und Industrieansiedlung erst ermöglicht, schafft da wohl keine Abhilfe. Die Verantwortlichen im Kreis fordern die Landesregierung daher auf, die Bedürfnisse von Unternehmen und starken Wirtschaftsstandorten stärker zu berücksichtigen.
Die vom Kreis, den Städten und der Kölner Industrie- und Handelskammer (IHK) mit der Untersuchung der tatsächlichen Situation beauftragten Regionalplaner aus dem Büro Dr. Jansen kommen zu dem Ergebnis: Es gibt im Kreis zu wenig Flächen, die tatsächlich und kurzfristig zur Verfügung stehen. Und es klingt fast wie ein Hilferuf, denn vor allem große, industriell nutzbare Flächen werden dringend benötigt, so das Fazit der Planer.
Unternehmen brauchen dringend Flächen, um zu wachsen, sich zu verlagern oder neu anzusiedeln.
Thorsten Zimmermann, IHK-Zweigstelle Bergheim
Die Aussichten sind nach der jetzt vorgelegten Untersuchung zu einem Gewerbeflächen-Entwicklungskonzept alles andere als rosig. Unternehmen brauchen dringend Flächen, um zu wachsen, sich zu verlagern oder neu anzusiedeln, sagt Thorsten Zimmermann, Leiter der IHK-Zweigstelle Rhein-Erft in Bergheim. Doch zu oft können die Wirtschaftsförderer die Wünsche der Unternehmen nicht erfüllen.
Die Planer kommen weiterhin zu dem Schluss, dass die derzeit verfügbaren Flächen durchweg zu klein und im Kreisgebiet nicht ausgewogen verteilt sind. Besonders im Südkreis gebe es ein Flächendefizit, sagen die Planer.
Daneben werde es zunehmend schwieriger, überhaupt Parzellen zu erwerben. Zwar sind im Regionalplan viele der sogenannten Potenzialflächen ausgewiesen. Von deren uneingeschränkter Nutzung kann aber nicht ausgegangen werden.
Beispiel: Martinswerk, Bergheim. Für den Hersteller chemischer Grundstoffe ist in der Kreisstadt eine Erweiterungsfläche von 32 Hektar vorgesehen, das sind mehr als 40 Fußballplätze. Der Haken an der Sache: Die Fläche ist im Regionalplan zwingend an die Nutzung durch das Martinswerk gebunden.
Dass das Unternehmen die Fläche in Anspruch nehmen wird, ist nach aktuellem Stand nicht zu erwarten, heißt es im Konzept. Allein eine etwa 20 Hektar große Fläche am Gewerbepark Eichholz in Wesseling könnte derzeit uneingeschränkt genutzt werden. Davon sei aber im Augenblick ebenfalls nicht auszugehen, so die Gutachter. Unternehmen lassen sich nicht gerne irgendwo hinschicken.
Dabei wächst der Bedarf an Grundstücken stetig. Seit 2008 haben etwa 45 Unternehmen in Kerpen nach Grundstücken in der Größe von sieben bis zehn Hektar nachgefragt. Elf Antragsteller, fast 25 Prozent, mussten unverrichteter Dinge wieder abziehen. Und das gilt nicht nur für Kerpen: Etwas verklausuliert heißt es im Konzept: Die aktuelle Situation im Rhein-Erft-Kreis zeigt, dass die Schnittmenge zwischen den Vorgaben der Regionalplanung und den kommunalen Anforderungen so gering ist, dass eine aktive Wirtschaftsförderung nur bedingt funktioniert. Ausreichend Flächen seien aber zwingend erforderlich, um aktive Wirtschaftspolitik zu betreiben.
In den vergangenen Jahren boomte die Gewerbeansiedlung im Kreis. Allein in Erftstadt wechselte eine Fläche von mehr als neun Hektar den Eigentümer. Das Bedburger Areal Mühlenerft, die Flächen auf dem Knapsacker Hügel, wurden von großen Firmen wie Sany oder der Rheinpapier besiedelt. Auch in Bergheim, Frechen und Kerpen gelangen große Ansiedlungen.
Aber während im Nordkreis noch Reserven in Form des interkommunalen Gewerbegebiets Terra Nova (Elsdorf, Bergheim, Bedburg) in der Planung sind, sind die Flächen im Kölner Randgebiet schon jetzt mehr als rar. In Wesseling etwa ist derzeit zumindest aus städtischem Eigentum so gut wie nichts mehr zu bekommen, stellt Pressesprecher Peter Adolf fest. Und in Frechen sind es gerade noch 1,5 Hektar, die die Stadt veräußern kann.
Eine aktive Gewebeflächenpolitik verspricht nur Erfolg, wenn ein ausreichend großer Puffer an Flächen zur Verfügung steht.
Beate Braun, WfG-Geschäftsführerin
Es gibt zwar einiges in privatem Eigentum. Darauf aber haben die Wirtschaftsförderer vor Ort nur wenig Einfluss. Ob private Eigentümer ihre Flächen entwickeln, erschließen und dann verkaufen, bleibt ihnen überlassen.
Aber auch die Flächen, die als Reserve in den Büchern der Städte stehen oder auch nur in den Köpfen der Planer existieren, könnten sich als Nullnummern erweisen. Der politische Wille hinter der Landesplanung sehe vor, Gewerbeflächen fortan restriktiver auszuweisen. Das heißt: Längst nicht alles, was als Industrie und Gewerbe vorgesehen ist, wird auch von den Städten geplant werden können. Mit anderen Worten: wenn es nach dem Land geht, werden deutlicher weniger Flächen ausgewiesen.
Genau das haben jetzt der SPD-Landtagsabgeordnete Guido van den Berg und der Hürther Bürgermeister Walther Boecker in der Düsseldorfer Staatskanzlei den Leiter der Landesplanung, Martin Hennicke, wissen lassen. Boecker stellte dabei klar, dass nicht nur der Ballungsraum Köln Flächen benötige, sondern auch das Gelingen des dringend notwendigen Strukturwandels im Rheinischen Revier für die Zeit nach dem Ende der Braunkohle davon abhänge, dass genügend Gewerbe- und Industrieflächen zur Verfügung stünden.
Für die Geschäftsführerin der Wirtschaftsförderung Rhein-Erft (WfG), Professorin Beate Braun, heißt das Fazit: Die Analyse zeigt, dass nach einem genauen Blick auf die Einzelflächen der vorhandene Spielraum nicht ausreicht. Eine aktive Gewebeflächenpolitik verspricht nur Erfolg, wenn ein ausreichend großer Puffer an Flächen zur Verfügung steht. Die WfG wird nun im nächsten Schritt die Moderation bei der Erstellung eines Gewerbeflächenentwicklungskonzepts für den Rhein-Erft-Kreis zusammen mit den bisher Beteiligten übernehmen. Braun: Ziel dieses Konzepts ist es, die Kommunen angemessen mit Flächen auszustatten, damit sie die gewerblich-industrielle Entwicklung im Kreis flexibel gestalten können.
Die Forderungen, die sich daraus ergeben, nach Düsseldorf zu tragen, ist dann Sache der Politik. Oder wie Guido van den Berg sagt: Es reicht nicht, dass wir nur sagen, gut, dass wir darüber gesprochen haben."