Jäger wollte die „Kurve kriegen“

Auf Einladung von Guido van den Berg (2.v.l.) stellte Innenminister Ral Jäger (2.v.r.) das Programm "Kurve kriegen" vor.

„Auch wenn Sie ihn für den besten Kandidaten im Rhein-Erft-Kreis halten, appelliere ich eindringlich an Sie: Wählen Sie diesen Mann am 13. Mai auf gar keinen Fall!“ Als er diese Worte von NRW-Innenminister Ralf Jäger vernahm, fiel dem SPD-Kreisvorsitzenden und Landtagskandidat Guido van den Berg dann doch für einen Moment lang die Kinnlade runter.

Aber diese verblüffende Aufforderung des Ministers war nur ein Spaß, den Jäger dann auch prompt auflöste. Van den Berg ist derzeit nämlich hauptberuflich noch Mitarbeiter in Jägers Büro. „Und dort ist Guido van den Berg so wichtig für mich, dass ich ihn eigentlich nicht gerne an den Landtag abgeben würde“, sagte der sozialdemokratische Innenminister, der sich am Freitag bei seinem Besuch in Heppendorf in Sachen Wahlkampf ansonsten bedeckt hielt. Schließlich war Jäger ins Haus des Jugendhilfeträgers „Kontrast“ gekommen, um ein ernstes Thema zu erörtern: In einer Diskussionsrunde mit Experten zog er eine Zwischenbilanz der Landesinitiative „Kurve kriegen“, die verhaltensauffällige Kinder und Jugendliche vor dem Abdriften in die Kriminalität bewahren soll.

Die Kurve kriegen sollen Kinder wie Max, der in Wirklichkeit zwar anders heißt, aber tatsächlich im Rhein-Erft-Kreis lebt. Mit seinen gerade mal zwölf Jahren hat Max schon einiges auf dem Kerbholz: Er hat nicht nur Kinder aus seiner Schule mehrfach bedroht, verprügelt, bestohlen und beraubt, sondern sogar seine überforderte Mutter so massiv attackiert, dass die Polizei einschreiten musste.

Um solche Kinder wieder in die richtige Spur zu bringen, hat das Land vor einem halben Jahr im Rhein-Erft-Kreis und sieben anderen Kreisen das Pilotprojekt „Kurve kriegen“ aufgelegt. Gedacht ist es für Acht- bis 15-Jährige, die so schwierig sind, dass die üblichen Hilfsangebote der Jugendämter nicht fruchten. „Wir setzen bewusst schon bei diesen ganz jungen Tätern an, denn je früher man sich diesen Kindern annimmt, umso größer sind die Erfolgsaussichten“, erklärte der Innenminister.

Landesweit werden derzeit 153Kinder und ihre Eltern sozialpädagogisch betreut; an Rhein und Erft kümmert sich das „Kontrast“-Team um den Sozialpädagogen Ralf Zentis in enger Zusammenarbeit mit der Kreispolizei und den Jugendämtern seit dem vergangenen November um 25 Fälle. Zentrale Bestandteile sind erlebnis- und sportpädagogische Gruppenangebote sowie ein spezielles Antiaggressions- und Coolnesstraining bei Coach Senol Arslan. Er will die Jungendlichen dazu bringen, die Grenzen des Erlaubten zu erkennen, die eigenen Emotionen zu beherrschen und überhaupt erst kommunikationsfähig zu werden. „Oft steckt hinter Gewalt auch Angst und Unsicherheit.“

Ganz wichtig bei „Kurve krigen“ ist auch die Elternarbeit. Nach den Erfahrungen von „Kontrast“-Leiterin Susanne Göddenheinrich sind die Bertoffenen nach anfänglichen Abwehraktionen oft richtig erleichtert, wenn endlich jemand auf sie zukommt und ihnen Beratung anbietet.