Über 85 Millionen mehr Steuereinnahmen für Kommunen im Rhein-Erft-Kreis in 2012 erwartet

Modellrechnung zum GFG 2012 für den Rhein-Erft-Kreis
Erste Modellrechnung für das Gemeindefinanzierungsgesetz 2012 im Rhein-Erft-Kreis

Die Steuerkraft der Kommunen im Rhein-Erft-Kreis soll im Jahr 2012 um 85.720.812 Euro (+20,3 Prozent) auf 508.773.680 Euro ansteigen. Die Zuweisungen des Landes sollen daher um 16.470.371 Euro (-19,4 Prozent) im Vergleich zum Vorjahr auf dann 68.467.682 Euro sinken. Alleine an Schlüsselzuweisungen ist im Jahr 2012 ein Betrag in Höhe von 39.232.101 Euro für die Kommunen im Rhein-Erft-Kreis vorgesehen. Hinzu kommen eine Investitionspauschale von 11.420.578 Euro, eine Schul- und Bildungspauschale von 11.713.271 Euro und eine Sportpauschale von 1.262.532 Euro.

Der SPD-Kreisvorsitzende Guido van den Berg erläutert den Mechanismus der heute in Düsseldorf vorgestellten ersten Modellrechnung des Landes für 2012: "Die Steuerkraft der Städte im Kreis entwickelt sich sehr unterschiedlich. Wer bei den Steuern Zuwächse hat, verliert Schlüsselzuweisungen. Wo hingegen Steuern ausfallen, steigen die Schlüsselzuweisungen."

Die größte Gewinnerin von Zuweisungen für 2012 wird die Stadt Kerpen werden, sie kann mit einem Mehrbetrag von 13.127.462 Euro (+123,1 Prozent) rechnen. Kerpen muss dabei von einem Minus von 8.283.875 Euro (-13,1 Prozent) bei der Steuerkraftentwicklung ausgehen. Hingegen kann die Stadt Bergheim bei der Steuerkraft von einem Mehr von 20.769.789 Euro (+34,3 Prozent) ausgehen und muss daher mit einem Verlust an Zuweisungen von 10.740.115 Euro (-75,8 Prozent) rechnen.

Elsdorf und Frechen dürfen sich besonders freuen, da bei ihnen sowohl die Steuerkraft wie auch die Zuweisungen ansteigen sollen. "Das hängt damit zusammen, dass das Land rund 500 Millionen Euro bzw. 6,3 Prozent mehr in den kommunalen Finanzausgleich für 2012 stecken wird. Es wird die höchste Summe werden, die jemals in der Geschichte des Landes an die Kommunen gezahlt wurde", erklärt Guido van den Berg. "Neben der guten Steuerentwicklung der vergangenen Monate profitieren die Kommunen damit davon, dass die neue Landesregierung die Städte nicht mehr zur Konsolidierung des Landeshaushalts heranzieht und zusätzlich wieder am Aufkommen der Grunderwerbsteuer beteiligt. Dadurch erhalten die Kommunen durch die neue Landesregierung seit 2010 jährlich rund 300 Millionen Euro zusätzlich", so der SPD-Kreisvorsitzende.

Man erkennt an den Daten auch, dass für den Kreishaushalt mit einer gestiegenen Umlagekraft zu rechnen ist. Hier wird ein Zuwachs von 39.958.243 Euro (+21,7 Prozent) auf 224.344.493 Euro gerechnet. Entsprechend werden 8.192.055,13 Euro (-24,2 Prozent) weniger Zuweisungen als im Vorjahr vorgesehen. Der Kreishaushalt soll so 25.589.908 Euro an Zuweisungen für das Jahr 2012 erhalten.

Die Finanzzuweisungen des Landes orientieren sich ab 2012 an dem in einem Gutachten des ifo-Instituts ermittelten tatsächlichen Finanzbedarf der Kommunen. Das führt ab 2012 vor allem zu einer stärkeren Gewichtung der sozialen Lasten. Sie sind landesweit in den vergangenen zehn Jahren um 50 Prozent auf fast 13 Milliarden Euro angestiegen. Neu eingeführt wird in NRW auch ein Flächenansatz. Er berücksichtigt die besonderen Ausgaben von Flächengemeinden mit einer geringen Einwohnerzahl. Schließlich soll in das Finanzausgleichssystem auch ein Demo­grafiefaktor eingefügt werden, der die Folgen rückläufiger Einwohnerzahlen in einzelnen Kommunen abmildert. Das führt dazu, dass einige Kommunen, die im Verhältnis zum Vorjahr systembedingt verlieren. Für diese Kommunen sollen in 2012 einmalig eine Abmilderungshilfen in Höhe von insgesamt rund 69 Millionen Euro verwendet werden. Von dieser Abmilderungshilfe profitieren im Rhein-Erft-Kreis die Stadt Bedburg mit 1.621.026 Euro, die Stadt Erftstadt mit 1.170249 Euro sowie die Stadt Pulheim mit 2.047.925 Euro.

Der Gesetzentwurf für das Gemeindefinanzierungsgesetz 2012 der Landesregierung soll im Dezember 2011 in den Landtag eingebracht werden. Das Ministerium für Inneres und Kommunales gibt die Modellrechnung bereits jetzt bekannt, damit die Kommunen besser für ihre eigenen Haushalte planen können. Alle Daten sind auf der Webseite des Ministeriums www.mik.nrw.de <http://www.mik.nrw.de/> abrufbar.

Der Kölner Stadt Anzeiger berichtet am 26.10.2011 in einem Artikel "Kerpen verliert und gewinnt – Fast alle anderen Städte erhalten wegen der hohen Steuerkraft geringere Zuschüsse" von Norbert Kurth:

SPD-Chef Guido van den Berg spricht von der "historisch höchsten Summe bei den Mitteln des Landes für die Kommunen". Der Pulheimer Landtagsabgeordnete Jürgen Rüttgers (CDU) redet von "skandalösen Kürzungen", und seine Kollegen Gregor Golland (Brühl) und Rita Klöpper (Frechen) sehen in der jetzt von der Landesregierung vorgestellten Modellrechnung zur Gemeindefinanzierung einen weiteren "Schlag gegen die Kommunen". Wie passt das zusammen?
An den Zahlen liegt es jedenfalls nicht. Die unterscheiden sich bei SPD und CDU nicht. Gut 8,8 Milliarden Euro wird das Land für 2012 an Zuweisungen an die Kommunen und Kreise auf den Weg bringen. So jedenfalls sieht es die erste Modellrechnung vor. Aber schon wenige Stunden nach Bekanntwerden der Zahlen sieht Rüttgers den gesamten Nordkreis benachteiligt. Die Kreisstadt Bergheim, so der frühere Ministerpräsident, erhalte voraussichtlich 10,7 Millionen Euro weniger an Schlüsselzuweisungen als in diesem Jahr. Für Bedburg falle die Zuweisung um 3,9 Millionen Euro geringer aus und Pulheim müsse mit einer halben Million Euro weniger auskommen. Van den Berg sei Mitarbeiter des Innenministers, so Rüttgers, und müsse nun erklären, ob er die Kürzungen mittrage. Van den Berg verweist auf die Modalitäten des Systems "Schlüsselzuweisungen": "Wer bei den Steuereinnahmen Zuwächse hat, verliert an Schlüsselzuweisungen." Und van den Berg weist nach Kerpen, der Stadt, die je nach Sichtweise auch zum Nordkreis gezählt wird, aber nicht zu Rüttgers‘ Wahlkreis gehört: Die Kolpingstadt sei "die größte Gewinnerin" für 2012, so der SPD-Kreisvorsitzende. "Die Stadt Kerpen kann mit einem Mehrbetrag gegenüber dem laufenden Jahr von 13,1 Millionen Euro rechnen. Demnach fließen Zuweisungen in Höhe von 23,8 Millionen Euro in die Stadtkasse. Grund für die hohe Zahlung: Kerpen habe enorm an Steuerkraft verloren, nämlich 8,3 Millionen Euro.

Ganz anders die Situation in Bergheim. Dort stieg die Steuerkraft um 34 Prozent auf 20,8 Millionen Euro. Die Folge: geringere Zuweisungen aus Düsseldorf.

Unzufriedenheit signalisieren derweil auch Golland und Klöpper aus ihrem Wahlkreis. Brühl verliere 2,8 Milliarden Euro, Wesseling 8,2 Milliarden, Erftstadt 3,4 Milliarden Euro. Auf die gestiegene Finanzkraft der Kommunen in ihrem Wahlkreis gehen Golland und Klöpper nicht ein. Wesseling kam durch Mehreinnahmen um 12,7 Millionen Euro höhere Steuerkraft, Erftstadt kommt auf 6,3 Millionen, Brühl auf über sieben Millionen. Hürth gehört übrigens mit Bergheim und Frechen zur Spitzengruppe der Steuer-Einnehmer im Rhein-Erft-Kreis.

Die Kämmerer von Elsdorf und Frechen befinden sich eher in ruhigem Fahrwasser. In beiden Kommunen wirkt sich die insgesamt höhere Zuwendung aus Düsseldorf aus. Denn trotz gestiegener Steuereinnahmen steigen auch die Zahlungen aus Düsseldorf, wenn auch nur geringfügig, um 26 000 Euro für Elsdorf und um 80 000 Euro für Frechen.
Die Kreisverwaltung müsse mit 2012 mit 16,5 Millionen Euro weniger über die Runden kommen, klagen die CDU-Abgeordneten. Tatsächlich verliert der Kreis gegenüber dem Vorjahr 8,2 Millionen Euro. Nur 25,6 Millionen werden in die Kreiskasse fließen. Den auch die Steuerkraft des Kreises ist gewachsen.

Kommentar von Norbert Kurth im Kölner Stadt Anzeiger zur Finanzierung der Kommunen im Land "Ideen gesucht, keine Blockade" vom 26.10.2011:

Das Spiel wiederholt sich in jedem Jahr. Unsere Städte kommen zu kurz, rufen die einen, die gerade nicht an der Regierung sind. Alles bestens, wir sind auf dem richtigen Weg, antworten die anderen. Dabei eignet sich die jährliche Vorbereitung des Gemeindefinanzierungsgesetzes auf lokaler Ebene kaum für handfeste, nachvollziehbare Auseinandersetzungen. Und ob die wenigen Stellschrauben, an denen die rot-grüne Landesregierung durch die stärkere Gewichtung sozialer Lasten in Ballungszentren und großer Flächen auf dem Lande dreht, zu großem Lamento Anlass geben, sei dahingestellt. Die Parlamentarier aus dem Kreis sollten ihre Kräfte für die Sanierung der kommunalen Haushalte aufsparen. Vielleicht ist die Idee, ab 2014 bestimmte Einnahmen umzuverteilen, ja nicht so toll. Dann sind neue Vorschläge gefragt, keine Blockade.