Sitzungsleitung misst mit zweierlei Maß

Zur Kreistagssitzung am Donnerstag hatten die Freien Wähler ein Schriftstück vorgelegt, das als Anfrage überschrieben war, in wesentlichen Teilen aber aus unausgegorenen Vorwürfen gegen den Stärkungspakt Stadtfinanzen der Landesregierung bestand und letztendlich einen Antrag mit Beschlussempfehlung beinhaltete. Nachdem der Landrat als Sitzungsleiter eine ausführliche Begründung der Kreistagsgruppe zugelassen hatte, wollte der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Guido van den Berg ergänzende Fragen stellen, um dem tendenziösen Eindruck der schriftlichen und mündlichen Einlassungen der Freien Wähler entgegenzutreten. „Das wurde durch die unsouveräne Sitzungsleitung mit Verweis auf Geschäftsordnungsfragen verhindert“, so van den Berg, dem erst verwehrt wurde, seine Fragen zu begründen, und dann sogar, überhaupt Fragen zu stellen.

Die SPD-Fraktion wollte die Chance nutzen, vier Fragen an die Kreisverwaltung zu adressieren:

Frage 1:
Die Freien Wähler behaupten, dass durch den Gesetzentwurf „Kommunale Selbstverwaltung abgeschafft“ würde. Die Verwaltung möge bitte überprüfen, ob in § 1 des Gesetzentwurfes nicht genau das Gegenteil beschrieben wird. Ist es nicht vielmehr so, dass durch 21 Milliarden Euro Liquiditätskredite die kommunale Selbstverwaltung gefährdet wird? Ist die Gefahr für kommunale Selbstverwaltung nicht gerade darin zu sehen, dass fast jede 10. Kommune in NRW zwischenzeitlich ihr Eigenkapital aufgebraucht hat?

Frage 2:
Die Freien Wähler behaupten, dass die Solidarumlage gegen kommunale Interessen stehen. Die Verwaltung möge daher bitte prüfen, ob es eine gemeinsame Erklärung von Städte- und Gemeindebund, Landesregierung und Städtetag vom 6. September 2011 gibt in der u.a. steht: „Angesichts der katastrophalen Finanzlage der Kommunen in NRW ist der Stärkungspakt Stadtfinanzen ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung und großer Wir verschließen uns nicht generell einem Gespräch über eine kommunale Mitfinanzierung.“

Frage 3:
Die Kreisverwaltung möge bitte erläutern, ob sie die Auffassung des Landtagsabgeordneten Horst Engel unterstützt. Zitat: „Der Gesetzentwurf der Landesregierung bietet eine Grundlage, auf der das Parlament arbeiten kann. Gemeinsam haben wir die Chance, ein zielführendes, nachhaltiges und gerechtes Hilfsprogramm aufzustellen.“ Und weiter: „Nachhaltig sei das Programm, wenn es die Kommunen bis zum Ende seiner Laufzeit wirklich aus ihrer miserablen Haushaltslage herbeiführen könne.“

„Hier wurde ganz klar mit zweierlei Maß gemessen. Die Freien Wähler als inoffizieller Teil der Mehrheitskoalition im Kreistag dürfen ausführlich unter dem Deckmantel einer Anfrage die Landesregierung attackieren und dies ausführlich mündlich begründen, während der SPD keine Möglichkeit für Fragen gegeben und widerrechtlich das Wort entzogen wird“, erklärt van den Berg.

„Ein souverän und neutral die Sitzung leitender Landrat hätte zu Beginn der Sitzung vorschlagen können, die Anfrage der Freien Wähler nicht zuzulassen, da es sich offenkundig und von den Freien Wählern ja auch schriftlich dokumentiert um ein „Trojanisches Pferd“ handelt, mit dem sie ihr fehlendes Antragsrecht umgehen und die Landesregierung frontal angreifen wollten. Dann wäre uns diese ganze Debatte erspart geblieben. Dass dies nicht geschehen ist aber im Gegenzug Kreistagsabgeordneten das ihnen zustehende Frage- und Rederecht entzogen wurde, ist erschreckend und dem Kreistag nicht würdig“, so der SPD-Fraktionsvorsitzende Hans Krings abschließend.