Üben für die Kraft-Zentrale

Lesen Sie hier den Bericht "Üben für die Kraft-Zentrale" von Christoph Meinerz in der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung (WAZ) vom 20.08.2008 über die Führungsakademie der SPD:

"Zehn Hoffnungsträger aus NRW werden seit einem Jahr auf der SPD-Führungsakademie in Berlin für höhere Aufgaben qualifiziert – auch in der Landesregierung

Düsseldorf. Manchmal scheint es so, als kämpfe SPD-Landeschefin Hannelore Kraft in NRW ganz alleine gegen sinkende Zustimmungswerte für ihre Partei, gegen heftiger werdende Angriffe der CDU und trügerische Umarmungsversuche der Linkspartei. Nicht einmal von NRW-Generalsekretär Michael Groschek ließ sie sich begleiten auf ihrer jüngsten Sommer-Werbetour durch 40 besonders erfolgreiche mittelständische Unternehmen, verabredete sich vor Ort jeweils nur mit lokaler SPD-Prominenz.

Doch die vor eineinhalb Jahren zur Vorsitzenden des größten SPD-Landesverbands gewählte 47-jährige Mülheimerin setzt im Stillen auf eine ganze Reihe von Hoffnungsträgern, von denen die wenigsten in ihrem unmittelbaren Umfeld zu finden sind. Quer verteilt übers Land sind es Frauen und Männer in unterschiedlichen politischen Funktionen. Zehn von ihnen werden seit einem Jahr auf der SPD-Führungsakademie in Berlin für höhere Aufgaben qualifiziert.

Die Auserwählten aus Nordrhein-Westfalen sind:

-Ute Berg (55), geboren in Essen, Lehrerin und seit 2002 Bundestagsabgeordnete mit dem Wahlkreis Paderborn.

-Guido van den Berg (33), Diplom-Sozialwissenschaftler, Vorsitzender der SPD im Rhein-Erft-Kreis und Mitarbeiter von Franz Müntefering.

-Norbert Bude (48), Dipl.-Verwaltungswirt, seit 2004 Oberbürgermeister von Mönchengladbach.

-Ulrich Kelber (40), Dipl.-Informatiker aus Bonn, Bundestagsabgeordneter seit 2002.

-Thorsten Klute (34), Rechtsanwalt, seit 2004 jüngster SPD-Bürgermeister von NRW in Versmold/Kreis Gütersloh.

-Dr. Andreas Paust (47), Sozialwissenschaftler, Geschäftsführer der SPD-Fraktion in Dortmund.

-Michelle Schumann (28), Journalistin und Kinderpflegerin, Ratsmitglied in Herne, seit 2004 im SPD-Landesvorstand, ebenfalls Mitarbeiterin von Franz Müntefering.

-Svenja Schulze (39), Unternehmensberaterin, frühere Juso-Landesvorsitzende, heute Landtagsabgeordnete und Vorsitzende der SPD Münster.

-Birgit Sippel (48), Chefin der SPD im Hochsauerlandkreis, Bundesparteiratsmitglied.

-André Stinka (43), Beamter, Vize-Landrat im Kreis Coesfeld, Landtagsabgeordneter.

Zwei Jahre lang lernen diese Kandidaten, die Hannelore Kraft "zukünftige Führungskräfte" nennt, mit 30 Sozialdemokraten anderer Bundesländern an Wochenenden vor allem Führungsprinzipien und wie man andere Menschen von seiner Meinung überzeugen kann. "Ich bekomme weiteres Handwerkszeug für die Gestaltung von Politik", berichtet Thorsten Klute, "und interessante Anregungen zur Einschätzung der eigenen Persönlichkeit". Mönchengladbachs Oberbürgermeister Bude ("Man ist nie so gut, dass man nicht noch besser werden kann") schätzt besonders "den regen Austausch mit den anderen". So werden Netzwerke geknüpft.

Wie man es in der Politik bis ganz nach oben schaffen kann, beschreibt SPD-Bundesgeschäftsführer Martin Gorholt ("Vielleicht ist sogar eine künftige Kanzlerin oder ein künftiger Kanzler dabei") so: "Das klappt am besten mit einer Mischung aus persönlicher Bescheidenheit und professioneller Durchsetzungskraft."

Die Lektion mit der Bescheidenheit haben alle NRW-Teilnehmer der Führungsakademie offenbar gelernt. Über Karrierewünsche mag keiner offen sprechen. "Ich will Politik machen, bis ich 70 bin", formuliert Michelle Schumann ausweichend, die mit 28 die Jüngste im Kreis der heimlichen Hoffnungsträger ist. "Das ist eine Langstrecke, die man sich gut einteilen muss.""