„Das wirklich Wichtige tun.“

Demo vor dem Parteitag
Arbeitnehmer vertraten Ihre Positionen beim SPD-Kreisparteitag
Harald Könen, Guido van den Berg, Manfred Holz
Guido van den Berg sprach zu den Bergleuten und kraftwerkern und lud sie in die Halle ein
Hans Krings
Hans Krings ging mit der Kreispolitik hart ins Gericht

Mit der Kreispolitik hart ins Gericht ist der SPD-Landratskandidat Hans Krings gegangen. Auf dem Parteitag der Rhein-Erft SPD in Quadrath-Ichendorf warb Krings dafür, die Kreis-Politik wieder näher an die Wünsche und Sorgen der Menschen heranzuführen. Eine Politik, die in bunten Prospekten eine Tourismus-Region zu erfinden suchte und die blumig über regionale Zusammenarbeit philosophiere, gehe an den wirklichen Herausforderungen vorbei. Hans Krings: „Wir wollen das wirklich wichtige für den Rhein-Erft-Kreis tun.“ Er zeigte auf, dass gerade in den Bereichen Gesundheit und Soziales viele Verbesserungsmöglichkeiten für die Kreispolitik bestehen. „Gerade im Bereich Kindergesundheit und Prävention muss mehr getan werden“ so der SPD-Landratskandidat.

Kritik musste die Schwarz-Gelbe Mehrheit dann aber auch im Bereich Wirtschafts- und Strukturpolitik einstecken. Die Sozialdemokraten verwiesen darauf, dass man sich im Regionalrat Köln mit der Position durchsetzten konnte, dass eine maßvolle Westerweiterung von 16 Hektar vertretbar ist – während die Abholzung von 30 Hektar Waldflächen einen nicht vertretbaren Eingriff in den Naturraum darstelle. Während die SPD verantwortlich gehandelt habe, stürze die CDU das Verfahren ins Chaos. Die CDU im Kreis sei für die Vernichtung von30 Hektar Wald – während die CDU-Landesregierung erklärt, dass man keinen Quadratmeter Waldfläche verkaufen wolle. Die CDU im Regionalrat macht planwirtschaftliche Vorschläge, nach denen die private Investitionsentscheidung des Phantasialandes durch den Staat überprüft werden sollte. Und der CDU-Amtsinhaber im Landratsamt sinniert nach der Ablehnung der Pläne der Kreis-CDU, dass diese Entscheidungen „nur politisch“ und nicht „sachlich“ gewesen seien. „Es ist nicht verantwortlich, dass man die Investitionsentscheidung für das im harten Wettbewerb stehende Phantasialand weiter auf die lange Bank schiebt. Auch die betroffenen Anwohner in Brühl wünschen sich Klarheit über die Pläne der Kommunalpolitik vor der Wahl 2009“ stellt Hans Krings fest.

Unmut über die Verzögerungsstrategien der CDU wurde auch bei der Aussetzung des Kraftwerkserneuerungsprogramms deutlich. Nachdem im zweiten Anlauf im Regionalrat das Vorhaben an den Stimmen von CDU, Grünen und PDS gescheitert war, hatte RWE Power weitere Ausarbeitungen angekündigt und ein „auf Eis“ legen bis nach der Kommunal-, Europa-, Bundes- und Landtagswahl angekündigt. Nur die SPD und die FDP hatten an der Umsetzung des Kraftwerkserneuerungsprogramms festgehalten, bei dem alte Anlagen abgeschaltet und durch neue effiziente ersetzt werden. Die eindeutige Haltung der Kreis-SPD für die Kraftwerkserneuerung wurde im Abstimmungsergebnis deutlich. Der Parteitag lehnte einen Antrag des Ortsvereins Pulheim ab, nach dem es zu keinen Kraftwerksneubauten gekommen wäre. Es wurde aber klar, dass die SPD unzufrieden mit der Wortbrüchigkeit von RWE ist. Das Unternehmen hatte zugesagt, sechs 150 MW-Blöcke in Frimmersdorf für den bereits errichteten BoA I-Block in Niederaußem bis Ende 2007 vom Netz zu nehmen.

Diese Debatte hatte auch rund 500 Bergleute, Kraftwerker und Zulieferer interessiert, die vor dem Parteitag mit Transparenten und Flugblättern auf die Bedeutung der Braunkohle aufmerksam machten. Die Betriebsratsvorsitzende Harald Könen, Norbert Pohlmann und Manfred Holz machten die Position der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer deutlich. Der SPD-Kreisvorsitzende Guido van den Berg sprach direkt zu den Betroffen und lud sie ein, am Parteitag teilzunehmen, damit sie live verfolgen können, dass Arbeitnehmer sich auf die SPD im Rhein-Erft-Kreis verlassen können. Sie wurden in der Halle nicht enttäuscht. In seiner Rede erklärte Guido van den Berg dass die Braunkohle für die kommenden Jahre noch eine unverzichtbare Größe sei, bis man Erneuerbare Energien soweit ausgebaut hat: „Die Braunkohle ist die Brücke ins Solarzeitalter.“ Er wies darauf hin, dass man nun gemeinsam nach vorne spielen müsse: „Querpassspiel in der vierten Reihe beruhigt zwar. Mehr aber auch nicht. Das Tor steht vorne. Und es steht in der Mitte.“ Im Hinblick auf die Verhinderung von CDU, Grünen und PDS und die Verzögerungsstrategie der Unternehmensführung von RWE erklärte der SPD-Kreisvorsitzende: „Passt auf, dass Ihr die richtige Mannschaft anfeuert.“

Pressestimmen:

KÖLNISCHE RUNDSCHAU vom 23.06.2008

„Nun ist es anstelle eines SPD-Programmparteitages fast ein Braunkohle –Forum geworden. Macht aber nichts, denn gerade die ausführliche Debatte, das Ringen um einen Kompromiss haben mehr als jede Wahlkampfrede deutlich gemacht, dass in der SPD Rhein-Erft ein neuer Wind weht: Meinungsvielfalt ist erlaubt. Das wirkt auch auf Wöhler sympathisch.“

Im Artikel: "Parteitag der SPD: Kampfgeist ist da" von Manfred Funken in der Kölnischen Rundschau vom 23.06.2008 heißt es:

"Hans Krings will durchstarten. Beim Parteitag in Quadrath-Ichendorf ist er am Samstag vor 126 Delegierten mit seinem Wahlprogramm für 2009 angetreten. „Der Kampfgeist ist noch da“, sagte er anlässlich schlechter Meinungsumfragen für die SPD.
Rhein-Erft – Hans Krings will durchstarten. Beim Parteitag in Quadrath-Ichendorf ist er am Samstag vor 126 Delegierten mit seinem Wahlprogramm für 2009 angetreten. „Der Kampfgeist ist noch da“, beschwört er die Partei, sich nicht von Trendmeldungen und Meinungsumfragen irre machen zu lassen.
Den politischen Gegner greift er zunächst an. Aber mit ironischen Anmerkungen zu Tourismus, Schuldenfreiheit und dem zuweilen zweifelhaften Abschneiden des Rhein-Erft-Kreises in Studien renommierter Institute redet er den Saal halb leer. Die verbliebenen Genossen quasseln bisweilen hemmungslos.

„Wir wollen das Wichtige tun“, fächert er dann die eigene Themenpalette auf: Drei Felder seien zu beackern, Bildung, Gesundheitsvorsorge, wirtschaftliche Blüte als Basis für ein lebenswertes Umfeld.

Bildung fängt mit dem Kindergarten an. Hier will sich die SPD dafür einsetzen, dass mittelfristig wieder Beitragsfreiheit erreicht wird. Die Ganztagsbetreuung an Schulen soll weiter ausgebaut werden.

Die originäre Aufgabe des Kreises sind natürlich die Berufs- und Förderschulen. Einige Betriebe beklagten eine Fachkräftemangel, referiert Krings. Und lobt dann indirekt die Landesregierung, um einen Weckruf an den amtierenden Landrat senden zu können. Das Düsseldorfer Kabinett wolle drei neue Fachhochschulen mit 2500 Studienplätzen im Ingenieurwesen einrichten und erwarte bis Mitte August Vorschläge aus den Regionen. „Wir erwarten, dass die Kreisverwaltung unverzüglich handelt und dem Land einen Vorschlag unterbreitet“, fordert der SPD-Landratskandidat.

Beim Ausblick auf die mögliche eigene Regentschaft im Kreishaus sieht Krings „eine der schönsten Aufgaben“ im Gesundheitsamt. Bisher würden Gestaltungsmöglichkeiten dort nicht genutzt, das Amt vielmehr als Last empfunden. „Wir wollen das Gesundheitsamt zu einem Instrument der Vorsorge besonders für Kinder und Jugendliche, aber auch für Erwachsene ausbauen.“

Ein weites Gelände ist das lebenswerte Umfeld. Jung und Alt dürfen nach Ansicht des Kandidaten nicht länger getrennt voneinander leben. Menschen aus der Mittelschicht sollen wieder oder weiter teilhaben am Wohlstand. Krings warnt davor, die Arbeitsgemeinschaft zur Betreuung von Langzeitarbeitslosen, die ARGE, die bisher von den Kommunen und der Arbeitsagentur gebildet wird, in Gänze durch den Kreis zu über-nehmen. Er befürchtet, dass das in konjunkturschwachen Zeiten zu fatalen Belastungen für die Kommunen führen könnte.

Solchen Flauten will Krings natürlich vorbeugen. „Wir wollen Energiekreis bleiben“, sagt er und verspricht, den Mittelstand zu stärken. Zum Ende seiner Rede wird Krings philosophisch: „Politik ist Kampf. Das leben ist Kampf. Kämpfe kann man verlieren oder gewinnen.“ Die Genossen beginnen wieder quasseln. Nach dem Schlusssatz, „Wir müssen wieder unten anfangen, die Mehrheit zurückzugewinnen. Fangen wir heute damit an“, und dem obligatorischen „Glückauf“ gibt es Beifall – wohl dosiert."

KÖLNER STADT ANZEIGER vom 23.06.2008

„Die Klimafrage und die Belastungen im Revier bewegen die Menschen. Auf dem Kreisparteitag diskutierte sie keiner weg, die Delegierten gingen offensiv mit dem Thema um. Am Ende hat die Provokation aus Pulheim doch etwas bewirkt: Noch einmal hat die SPD Druck gemacht und geschlossen gefordert, RWE möge seine Zusagen aus dem Kraftwerkserneuerungsprogramm auch tatsächlich einhalten.“

Im Artikel: "Kreis-SPD beschließt ihr Wahlprogramm: 500 Kumpels demonstrierten auf Parteitag" von Jan Sting im Kölner Stadt Anzeiger heuißt es am 23.06.2008:

"Kontrovers diskutierten die Delegierten den Antrag der Pulheimer SPD, auf den Bau weiterer Kraftwerke zu verzichten. Außerdem soll im Kreis eine Fachhochschule mit Schwerpunkt Ingenieurwissenschaften angesiedelt werden.

Entsetzt sei er über die Botschaft aus Pulheim gewesen, erklärt Manfred Holz. Einem wie ihm, der aus der Kraftwerksbranche komme, sei die Forderung, auf den Bau von BoA vier und fünf zu verzichten und sich auf die bisherigen Blöcke zu beschränken, wie aus einem schlechten Film erschienen. Eine Zukunftsperspektive wollen Holz und seine Kollegen sehen. Daher kamen sie aus Neurath-Frimmersdorf, um am Samstag mit Trillerpfeife und Tröte vor dem Bürgerhaus in Quadrath-Ichendorf zu demonstrieren.

Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft Verdi unterstützte sie. Mehr als 500 Kumpels zogen mit Transparenten und Fahnen in den Saal. Dagegen wirkten die 126 stimmberechtigten Delegierten des Kreisparteitags schon fast verloren. Der Antrag der Pulheimer war beherrschendes Thema, wurde anschließend aber bei wenigen Enthaltungen und 17 Ja-Stimmen mit überwältigender Mehrheit abgelehnt. Er verstehe zwar, dass sich die Pulheimer gegen weitere „Monstren“ vor ihrer Haustüre wehrten, erklärte Landtagsabgeordneter Edgar Moron. Doch: „Dieser Antrag bringt uns ökonomisch und ökologisch keinen Schritt weiter.“

„Wir müssen an dem Thema dranbleiben“, sagte Guido van den Berg und betonte, dass ihm die Diskussionskultur in seiner Partei ausgesprochen gut gefalle. Der Vorsitzende der Rhein-Erft SPD beharrte indes auf der Braunkohle, bezeichnete sie als „Brücke in das solare Zeitalter“. Auch Landratskandidat Hans Krings fand Gefallen an der Debatte, nannte sie „herzerfrischend“ und ermunterte zur Wiederholung.

Ganz so glücklich gab sich Dieter Koenemann, SPD-Mitglied aus Pulheim, nicht. Ihn ärgerte, dass Verdi den SPD-Antrag vorab als verantwortungslos gegeißelt hatte. Vor dem Plenum erklärte er nach 27 Jahren seinen Austritt aus der Gewerkschaft. Die Bundestagsabgeordnete Gabi Frechen schimpfte über die mitunter bösen E-Mails aus den eigenen Reihen, die die Pulheimer erhielten. So etwas sei der Partei nicht würdig.

Die neue Fraktionsvorsitzende der Kreistagsfraktion, Helga Kühn-Mengel, plädierte für einen Kompromiss: Die Braunkohle sei wichtig für die Versorgungssicherheit – aber dafür müsse RWE auch die Verpflichtungen einhalten und den CO-Ausstoß reduzieren. Auf Bundesebene sei die Partei klar für einen Ausstieg aus der Atomenergie, die regenerative Energie könne die Lücke noch nicht schließen.

Einstimmig beschlossen die Delegierten das Kreiswahlprogramm 2009. Krings rechnet mit harten Bandagen im Kommunalwahlkampf. „Die Ausgangslage ist nicht so, dass wir im Schlafwagen zurück an die Mehrheit kehren werden.“ Zielgruppe sei auch der Mittelstand, den die Sozialdemokraten wieder stark machen wollten. Der Kreis müsse Ausschreibungen an den Belangen der heimischen Wirtschaft ausrichten. Zudem will die SPD den Kreis als Chemiestandort stärken. Widerstand kündigt die Partei gegen Billiglöhne an und fordert mehr Chancengleichheit in der Bildung. Im Kreis solle eine Fachhochschule mit Schwerpunkt Ingenieurwissenschaften angesiedelt werden. An Stelle der Arge (Arbeitsgemeinschaft von Kommunen und Agentur für Arbeit, die sich um Arbeitslose kümmert) fordert die SPD den Aufbau von Jobcentern, die ortsnah in den Kommunen verwurzelt sind und individuelle Hilfen für die Arbeitssuchenden bieten. Jungen Menschen, die nach dem ersten Start in das Erwerbsleben gescheitert sind, sollen Angebote in der Aus- und Weiterbildung gemacht werden."