SPD fordert Ende des Mülltourismus im Rhein-Erft-Kreis

„Die Verträge des Kreises mit der Firma Remondis sind offenbar nicht optimal“ stellt der SPD-Kreisvorsitzende Guido van den Berg fest. In der kommenden Sitzung des Ausschusses für Umwelt, Kreisentwicklung und Energie verlangt die SPD Aufklärung über die zwischen dem Kreis und dem Entsorgungsunternehmen Remondis geschossenen Verträge. Kritisch sehen die Sozialdemokraten die Festlegung des Sammelpunktes Haus Forst in Kerpen zur Anlieferung des Hausmülls der neun Städte und der Gemeinde Elsdorf im Rhein-Erft-Kreis. Es handelt sich insgesamt um rund 90.000 Tonnen Hausmüll jährlich.

Der Landratskandidat der SPD, Hans Krings stellt jedoch fest: „Sechs Städte im Kreis – nämlich Pulheim, Hürth, Frechen, Erftstadt Brühl und Wesseling – liefern ihren Müll gar nicht bei Haus Forst sondern beim Firmensitz von Remondis in Erftstadt ab. Das sind über 53.000 Tonnen im Jahr. Dies wird vom Kreis geduldet und spart dem Unternehmen bares Geld.“

Die Kommunen, die direkt in Erftstadt abliefern, müssen dem Unternehmen Remondis ein zusätzliches Entgelt für Aufwendungen am Standort Erftstadt zahlen. Gleichzeitig werden jedoch wird jedoch über die Müllgebühren des Kreises der Transport zwischen Kerpen und Erftstadt auf die Kommunen umgelegt. Städte des südlichen Kreises sind inzwischen dazu übergegangen, ihren Hausmüll an Erbstadt vorbei nach Haus Forst zu fahren, weil sie es nicht verantworten wollen, Gebühren für Leistungen zu bezahlen, die bereits bezahlt worden sind. Hans Krings: „Diesem Mülltourismus muss der Kreis möglichst schnell durch Festlegung eines zweiten Sammelpunktes in Erftstadt ein Ende bereiten. Wenn bestehende Verträge dem entgegenstehen müssen sie geändert werden.“

„Dafür müssen die Verträge auf den Tisch“ ergänzt Guido van den Berg. In der kommenden Sitzung des zuständigen Fachausschusses wollen die Sozialdemokraten daher wissen, warum der Kreis in den vergangen Monaten entgegen seiner Satzung Anlieferungen in Erftstadt geduldet hat. Ferner wird hinterfragt, ob durch die die direkte Anlieferung in Erftstadt in den letzten Monaten faktisch Fahrten zwischen Haus Forst und Erftstadt vergütet wurden, die real gar nicht stattgefunden haben. Zudem stellt sich die Frage, ob das Unternehmen bei der Angebotsabgabe für den Müllvertrag mit dem Kreis die nun zusätzlichen Entgelte der Kommunen bereits einkalkuliert hatte.

Hans Krings: „Ich wünsche mir ein vertrauensvolles Verhältnis und einen faireren Umgang mit den Kommunen des Kreises. Das gilt auch für die Arbeitsteilung des Kreises mit den Kommunen bei der Einsammlung und Verwertung des Hausmülls.“

Presseberichte

Der Kölner-Stadt-Anzeiger berichtet am 04.04.2008 im Artikel: "Der Müll wird hin- und hergefahren" von Birgit Lehmann:

"Die SPD Rhein-Erft fordert ein Ende des Mülltourismus im Kreis. Am kommenden Mittwoch soll sich der Kreisumweltausschuss mit den Verträgen beschäftigen, die der Kreis 2005 mit dem Entsorger Remondis geschlossen hat und die laut SPD zu unsinnigen und kostspieligen Transporten führen.

Von Millionen, die im Bermudadreieck zwischen Kerpen und Erftstadt verschwänden, hatte vor einiger Zeit schon der Hürther Kämmerer Dr. Dirk-Holger Ahrens-Salzsieder gesprochen. Die Stadt Hürth bringt ihren Hausmüll seit Anfang des Jahres wieder nach Haus Forst, der zentralen Annahmestelle des Kreises in Kerpen. Dafür wird der Müll an Erftstadt vorbei nach Kerpen gefahren. Dort wird der Müll abgekippt, von Remondis wieder aufgeladen und zu seinem Verwertungszentrum (VZEK) in Erftstadt gebracht.

Nach Ansicht der Kreis-SPD ist das „sowohl wirtschaftlich als auch ökologisch untragbar“. Durch vermeidbare Doppelfahrten und Umladungen entstünden zusätzliche Kosten, die dem Gebührenzahler aufgebürdet würden. Zudem würden die Bemühungen des Kreistages zur CO-Verminderung konterkariert. Seinerzeit habe die SPD gegen die Abfallentsorgungssatzung des Kreises gestimmt, weil ihr das Konzept als zu unausgegoren erschienen sei, erklärte Vorsitzender Guido van den Berg gestern. SPD-Landratskandidat Hans Krings verlangt Einblick in die Verträge, die der Kreis mit Remondis geschlossen habe.

Sechs Städte

In dem Vertrag sei damals Haus Forst in Kerpen als zentraler Sammelpunkt für den Müll aus den zehn Kommunen des Kreises festgelegt worden. Krings aber hat festgestellt, dass sechs Städte inzwischen den für sie kürzeren Weg nach Erftstadt wählen. Pulheim, Hürth, Frechen, Erftstadt, Brühl und Wesseling lieferten den Müll direkt in Erftstadt ab. 53 000 Tonnen Müll im Jahr weniger seien in Haus Forst gelandet, der Kreis habe aber dafür gezahlt. Dies sei vom Kreis geduldet worden, und das Unternehmen habe so Geld gespart, so Krings.

Gleichwohl sei es richtig, dass die genannten Kommunen den kürzeren Weg nähmen. Allerdings dürften sie für die Anlieferung in Erftstadt nicht mehr bezahlen. Fünf Euro aber verlangte Remondis von der Stadt Hürth für Annahme und Verwiegen einer Tonne Mülls im VDKZ. Die Stadt Hürth weigerte sich ebenso wie Wesseling, Brühl und Erftstadt, zu zahlen. Hürth wurde von Remondis wegen offener Rechnungen in Höhe von 140 000 Euro verklagt. Seither darf Hürth den Müll nicht mehr in Erftstadt anliefern und nimmt den weiteren Weg nach Kerpen in Kauf. Die Folge ist, dass die Hürther ein zusätzliches Müllfahrzeug anschaffen und drei Leute mehr einstellten mussten. Das macht rund 160 000 im Jahr aus. Die Kreis-SPD verlangt nun die Nachbesserung der Verträge des Kreises mit Remondis. Krings: „Es ist sinnvoll, wenn wir einen zweiten Sammelpunkt festlegen.“ Dies könne Erftstadt sein.

Die Wesselinger hatten Glück, dass ihre Verträge Ende 2007 ausliefen und neu verhandelt werden konnten. Seitdem sei die Annahme des Mülls aus Wesseling kostenfrei, so Dezernent Bernhard Hadel. Folge für die Wesselinger: Die Müllgebühren konnten um 16 Prozent gesenkt werden."

Im Kommetar "Ausgemachter Unsinn" von Uwe Schindler heißt es am 04.04.2008 im Kölner Stadt Anzeiger:

"Was sich in Sachen Mülltourismus im Kreis abspielt, das ist mit gesundem Menschenverstand kaum noch nachzuvollziehen. Natürlich ist es ein Unding, wie die SPD jetzt anprangert, wenn zig Tonnen Müll von Hürth durch den Kreis gekarrt, in Kerpen umgeladen und zurück nach Erftstadt geschafft werden, um den Abfall dort zu sortieren. Und wenn letztlich mal wieder die Bürger für ausgemachten Unsinn zusätzlich zur Kasse gebeten werden.

Durchaus möglich, dass die Verträge des Kreises mit dem Entsorgungsunternehmen so gestrickt sind, dass die langen Fahrten der Mülltransporter nicht zu verhindern sind, weil eben nur so den Vereinbarungen Genüge getan wird. Sollte dem aber tatsächlich so sein, dann wäre es allerdings Zeit, die Verträge so schnell wie möglich zu erneuern – und die bestehenden schnellstmöglich in den Müll zu werfen."

Die Kölnische Rundschau berichtet im Artkel von Andreas Engels "Der Abfall geht auf Reisen, SPD will Mülltourismus zwischen Kerpen und Erftstadt stoppen" vom 04.04.2008:

"Der Hürther Hausmüll geht auf Reisen: Die Müllwagen der Stadtwerke karren den Abfall zur ehemaligen Deponie Haus Forst nach Kerpen-Manheim. Dort nimmt der Entsorger Remondis den Müll entgegen, verlädt ihn auf größere Lastwagen – und fährt ihn ein gutes Stück des Weges wieder zurück nach Erftstadt in sein Entsorgungszentrum (VZEK). Die Kreis-SPD will diesen Mülltourismus nun stoppen.

Den streitenden Geschäftspartnern ist das nicht gelungen, obwohl die Müllverschickung niemandem nutzt – im Gegenteil: Sie verursacht hohe Kosten. Allein die Stadtwerke wollen drei Leute einstellen und einen Müllwagen kaufen, um den Transport nach Kerpen zu bewältigen. Stadtwerkechef Dirk Ahrens-Salzsieder bezifferte die jährlichen Kosten auf 160 000 Euro.

Auch Remondis würde sich die Transporte von Kerpen nach Erftstadt gern sparen und den Sammelplatz komplett zur eigenen Sortieranlage verlagern. Doch der Kreis beharrt auf dem Entsorgungsstandort Haus Forst, der 2005 in der Ausschreibung festgelegt worden sei. Die Kreisverwaltung stellte es den Kommunen aber frei, eigene Verträge mit Remondis abzuschließen.

"Wir haben inzwischen mit allen Kommunen Vereinbarungen getroffen", sagt Remondis-Geschäftsführer Reinhard Hohenstein. "Nur die Hürther schießen quer." Es geht ums Geld: Remondis verlangt von den Kommunen, die von kürzeren Wegen zum VZEK nach Erftstadt profitieren, einen Aufschlag von 4,95 Euro pro Tonne Müll. Betroffen sind neben Hürth Brühl, Erftstadt und Wesseling. Im Gegenzug erhalten die Nordkommunen für ihre nun weiteren Wege einen Preisnachlass von Remondis. Hohenstein sieht darin einen gerechten Finanzausgleich.

Während Brühl und Erftstadt den Zuschlag zahlen, stellten Hürth und zuletzt auch Wesseling die Zahlungen ein. Hürths Stadtwerkechef Ahrens-Salzsieder erklärte, er wolle sich von Remondis für eine Leistung nicht zweimal zur Kasse bitten lassen. Schließlich bezahle der Kreis bereits für die Müllannahme in Kerpen und lege die Kosten über die Abfallgebühren auf die Kommunen um. Sein Wesselinger Amtskollege Bernhard Hadel sieht es ähnlich.

Seit Anfang Januar lässt Ahrens-Salzsieder seine Müllwagen nun wieder an Erftstadt vorbei nach Kerpen fahren – dort liefern jetzt nur noch die Hürther ab. Vor dem Kölner Landgericht streiten sich Remondis und die Stadtwerke um über 140 000 Euro.

Die SPD macht den Mülltourismus nun zum Thema im Kreisentwicklungsausschuss, der am Mittwoch tagt. Kreisparteichef Guido van den Berg und SPD-Landratskandidat Hans Krings fordern, dass der Kreis Erftstadt als zweiten Müllsammelpunkt festlegt, damit die Kommunen dort nicht extra bezahlen müssen."