Eine Versachlichung der Diskussion zum Thema Jugendkriminalität, fordert der Vorsitzende der SPD-Kreistagsfraktion im Rhein-Erft-Kreis, Hardy Fuß. Um sich über die aktuelle Kriminalitätsentwicklung im Rhein-Erft-Kreis sowie über Hintergründe von Jugendkriminalität zu informieren, hatte die SPD-Kreistagsfraktion daher Fachleute in ihre letzte Fraktionssitzung eingeladen: Claudia Römers von der Kreispolizei, Leiterin der Kriminalinspektion II, und der Jurist Wolfgang Schriever, stellvertretender Leiter der Justizvollzugsanstalt Wuppertal, lieferten Fakten.
Claudia Römers berichtete von 34.000 Straftaten, die im Rhein-Erft-Kreis 2006 begangen wurden. Ein Drittel dieser Straftaten wurde von Jugendlichen, Kindern bzw. von Heranwachsenden verübt. In der Kriminalitätsstatistik 2007 sei keine signifikante Veränderung zu erwarten. Jugendkriminalität ist überwiegend männlich, führte Römers aus. Eine Aufstellung über ´Deutsche mit Migrationshintergrund` gebe die Statistik wiederum nicht her. Ein religiöser Hintergrund für Jugendstraftaten lasse sich nicht ersehen. Wichtiger bei der Analyse sei der soziale Hintergrund: Jugendliche aus bildungsfernen und sozial schwachen Familien sind gefährdeter als andere, so Römers.
Sogenannte Diversions-Verfahren, bei denen Jugendliche bereits nach ca. sechs Wochen ihre ´Strafe` von einem `Staatsanwalt von Ort´ zugesprochen bekommen, sind in vielen Fällen ein gutes Mittel, um straffällig gewordenen Jugendlichen ihre Fehler schnell und wirkungsvoll vor Augen zu führen, erläuterte Römers.
Wolfgang Schriever stellte in seinen Ausführungen die allgemeinen Tendenzen in der Kriminalitätsentwicklung dar und ging dabei beispielhaft auf Tötungsdelikte und Sexualdelikte ein. Diese nähmen in der Tendenz eher ab, obwohl der Eindruck – aufgrund der intensiven Medienberichterstattung vielfach ein anderer sei. Es gibt heute nur noch rund die Hälfte der Delikte, die es in 1970 gab, berichtete Schriever.
In der kriminalistischen Forschung bestehe ein umfassender Konsens darüber, dass höhere Strafen nichts brächten. Es gibt eine erheblich geringere Rückfallquote bei straffälligen Jugendlichen, die nicht lange im Gefängnis sitzen, erläutert Schriever. Strafmaßnahmen müssten möglichst mit Blick auf die spätere Integration von Straffälligen gefasst werden. Kriminologisch analysiert bringe eine zu hohe Strafe bei einer Vielzahl von Delikten nichts, sondern fördere eher die Rückfälligkeit. Insgesamt gilt es, die Jugendlichen vernünftig auszubilden und Perspektiven für sie zu schaffen, so Schriever, dessen Auffassung von der SPD-Kreistagsfraktion geteilt wurde.
Eine bessere präventiv angelegte Jugendpolitik und schnellere Sanktionen für straffällige Jugendliche sind sinnvoller als lange Gefängnisstrafen und ein verschärftes Strafrecht, so das einstimmige Fazit der SPD-Kreistagsfraktion.
Insbesondere Jugendliche aus bildungsfernen und sozial schwachen Familien brauchen Zukunftsperspektiven jenseits der Straffälligkeit, fasste Fuß die sozialdemokratische Position zusammen. Bei Jugendlichen, die bereits straffällig geworden seien, müsse der Staat wiederum direkt reagieren.
Die sogenannten Diversions-Verfahren, die bisher nur in Bergheim durchgeführt wurden, erscheinen als probates Mittel, um ´Kriminalitätskarrieren` bei Jugendlichen frühzeitig zu unterbinden. Es gilt, solche Verfahren auf alle Städte im Rhein-Erft-Kreis auszudehnen, so Fuß.