Unterschriften gegen den Zaun

Unterschriftenübergabe an den Wesselinger CDU-Bürgermeister
Untewrschriftenübergabe an den Wesslinger CDU-Bürgermeister

Um gegen den Zaun an der Wilhelm-Busch Hauptschule vorzugehen, haben wir am Montag, den 30.01. eine Unterschriftenaktion an der Schule gestartet. So kamen in knapp 20 Minuten etwa 120 Unterschriften zusammen. Daraufhin fingen Schülerin-nen und Schüler selber an zu sammeln. Bis zum vorläufigen Ende der Aktion am Dienstag, den 21.02.05 konnten insgesamt ca. 570 Unterschriften zusammengetra-gen werden (eine Sicherheit von 30 falschen Unterschriften mit einberechnet).
Diese Zahl zeigt, dass eine deutliche Mehrheit der Schüler (insgesamt etwa 700) gegen einen Zaun ist, auch wenn ein kleiner Teil der Unterschriften von Schülerin-nen/Schülern anderer Schulformen oder Lehrern stammt.

Wir lehnen den Zaun aus vielerlei Gründen entschieden ab: unächst sehen wir in ihm eine Diskriminierung der Hauptschüler. Eben aus diesem Grund stimmten SPD und Grüne im Schulausschuss am 1.12.05 gegen den Zaun, wurden jedoch von CDU und FDP überstimmt.

Als einzige Schülergruppe am Schulzentrum sind die Hauptschüler betroffen. Durch den zwei Meter hohen Zaun mit zwei drei Meter breiten Stahltoren, die während der Pausen geschlossen werden, sollen sie von Realschülern und Gymnasiasten getrennt werden. Diese einseitige Ausgrenzung widerspricht den demokratischen Grundsätzen von Freiheit und vor allem Gleichheit.Hauptschüler sind keine Verbrecher, die eingesperrt gehören.

Aus dem Problem der Diskriminierung heraus stellt sich die Frage nach den Reaktionen der Schüler. Während der Unterschriftensammlung war deren Unzufriedenheit mit dem Zaun deutlich zu spüren. Der Erfolg der Aktion bestätigt diesen Eindruck. Laut den Schülersprechern fühlten sich viele Schüler wie eingesperrt. Deshalb ist zu befürchten, dass zusätzliche Aggressionen geschürt und Selbstzweifel verstärkt werden. Die Hauptschüler, die es ohnehin am schwersten haben – etwa wegen ihrer sozialen Herkunft, Lern- oder Sprachproblemen – werden noch zusätzlich belastet. Das kann sich nur negativ auf das Klima und die Motivation auswirken. Wir denken, dass sich der Graben zwischen Hauptschülern, Realschülern und Gymnasiasten durch den Zaun vertieft und Vorurteile sich auf beiden Seiten erhärten. Freundschaften werden erschwert.

Durch die Unterschriftenaktion haben die Schüler eine Stimme in der Öffentlichkeit erhalten. Die große Anzahl der Unterschriften zeigt, dass ein Mitteilungsbedürfnis vorhanden ist. Wir kritisieren, dass die Schüler bei der Entscheidung weitgehend un-beachtet gelassen wurden. Die Aktion hat sich allein schon dafür gelohnt, dass sie ihre eigene Meinung mitteilen konnten. Schließlich sind sie in erster Linie die Betroffenen.

Zu behaupten, der Konflikt könne durch einen Zaun bewältigt werden, wäre reine Augenwischerei. Aggressionen, die zu Gewalttaten führen, werden keineswegs ab-gebaut, wenn nicht sogar verstärkt. Es findet daher eine Konfliktverlagerung von der Schule auf die Straße statt, wo man die Lage noch weniger unter Kontrolle hat. Au-ßerdem ist nicht klar, ob die Gewalt während der Pausen nachlassen wird, oder ob an den einzelnen Schulformen (v. a. der Hauptschule) die Aggressivität zwischen den Schülern steigt. Aus unserer Sicht ist der positive Nutzen eines Zaunes also nicht erwiesen. Außerdem besteht die Gefahr der Ausblendung, sodass die Probleme der Schüler schneller wieder in den Hintergrund rücken und ihre notwendige Beachtung verlieren.

Des Weiteren hat sich die Lage am Schulzentrum durch den Einsatz einer City-Streife schon weitestgehend beruhigt. Die externen ehemaligen Schüler, die in der Vergangenheit die größten Probleme verursachten, werden hierdurch vom Schulhof ferngehalten. Ihre Wirkung fand jedoch offensichtbar keine Berücksichtigung im Beschluss. Heute würde deshalb vielleicht anders abgestimmt.

Natürlich kann und darf Gewalt an Schulen nicht akzeptiert werden, aber mit der Auf-sicht durch die zwei Sicherheitskräfte wurde ja bereits eine offensichtlich wirksame Maßnahme getroffen.
Einzäunung ist aus unserer Sicht ein gravierender Schritt in die falsche Richtung, durch den die Gesamtheit der Schüler für die Taten Einzelner bestraft wird. Langfristig muss es das Ziel sein, die Chancen der Hauptschüler zu verbessern, was nur durch mehr Förderung und Betreuung geschehen kann. Im europäischen Vergleich ist der schulische Erfolg in Deutschland besonders abhängig von der sozialen Herkunft. Das muss sich ändern. Ein Zaun, der die sozial Schwächeren von den anderen trennt, ist hierbei nur hinderlich und treibt die Selektierung voran.

Der Zaun ist für uns sowohl in politischer, pädagogischer als auch in praktischer Hinsicht falsch. Er muss weg!