
Für die nach dem Hartz IV-Gesetz, das zum 1. Januar 2005 in Kraft tritt,offene Frage, an wen sich die ca. 12.000 Arbeitslosen wenden müssen, die
jetzt Arbeitslosenhilfe oder Sozialhilfe für sich und oft für ihre Angehörigen beziehen und dann das Arbeitslosengeld II beziehen können, hat sich die Rhein-Erft SPD ihre Antwort erarbeitet. SPD-Landratskandidat Bernhard Hadel: "Wir wollen, dass allen Arbeit suchenden Menschen in unserem Kreis ein klarer Weg zu der Stelle gewiesen wird, die ihnen bei der Rückkehr in den Arbeitsmarkt hilft. Das sollen Job Center sein, die von der Agentur
für Arbeit und dem Rhein-Erft-Kreis sowie den Städten im Kreis gemeinsam getragen werden." In einer Fachkonferenz haben sich sozialdemokratische
Kommunalpolitiker mit Fachleuten auf diesen Kurs verständigt.
Mit dieser "Kursbestimmung", wie Hadel sie nennt, sprechen sich die sozialdemokratischen Kommunalpolitiker für die Zusammenarbeit mit der
Agentur für Arbeit aus, um im Kreisgebiet einheitliche Anlaufstellen für alle Arbeitslosen zu erhalten, in denen alle Leistungen zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt, die ergänzenden Hilfen und Betreuungsleistungen sowie und die wirtschaftlichen Hilfen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Erwerbslosen und ihre Angehörigen gebündelt werden.
"Wir sind für eine enge Zusammenarbeit mit der Agentur für Arbeit. Der Kreis soll mit ihr eine Arbeitsgemeinschaft bilden", betonte Walther Boecker, Bürgermeister der Stadt Hürth und Vorsitzender der Sozialdemokratischen
Gemeinschaft für Kommunalpolitik (SGK) im Rhein-Erft-Kreis. Sie könne Träger der Job Center sein, die – so Boecker – "ortsnah geschaffen werden müssen." Er sieht darin zugleich gute Möglichkeiten der Bündelung von Know-how, das
bei der Agentur für Arbeit in den Hilfen zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt und in den Kommunalverwaltungen zu den ergänzenden Hilfen
vorhanden sei.
Boecker und Hadel sprechen sich damit zugleich gegen das sogenannte Optionsmodell aus, wonach sich der Rhein-Erft-Kreis dafür entscheiden
könnte, alle Zuständigkeiten der Agentur für Arbeit für die Bezieher des Arbeitslosengeldes II zu übernehmen. Der Agentur für Arbeit bliebe
allerdings die Zuständigkeit für die Arbeitslosengeld I-Bezieher, das sind grundsätzlich diejenigen Arbeitslosen, die weniger als ein Jahr arbeitslos sind.
Bürgermeister Boecker: "Das führte zu einer Trennung des Arbeitsmarktes in eine weniger problematische Gruppe mit größeren Vermittlungschancen in der Zuständigkeit der Agentur für Arbeit und einer schwer vermittelbaren, sehr häufig auch problembeladenen Gruppe in der Verantwortung der Kommunen."
Faktisch käme es zu "Arbeitsämtern erster und zweiter Klasse", über die Langzeitarbeitslose sofort zu erkennen seien und sie stigmatisiert würden.
Landratskandidat Bernhard Hadel führt einen weiteren Grund für die Richtigkeit des sozialdemokratische Kurses an: "Vermittlungsbemühungen der Kommunen sind faktisch auf ihren kommunalen Raum begrenzt." Das führe zum Ausschluss regionaler oder gar bundesweiter Vermittlungsperspektiven und
verneine die politische Verantwortung des Bundes für die Arbeitsmarktpolitik.
Die sozialdemokratischen Kommunalpolitiker begrüßen es, dass die Agentur für Arbeit zur konstruktiven Zusammenarbeit bereit ist, um es zu einer Arbeitsgemeinschaft und zu gemeinsamen Job Centern kommen zu lassen und die
Sozialdezernenten der Städte im Kreis und inzwischen auch die Bürgermeister sich für eine schnelle Entscheidung des Kreises und rasche Verhandlungen mit der Bundesagentur ausgesprochen haben.
Hintergrundinformationen für die kommunalpolitische Kurbestimmung
Bundestag und Bundesrat sowie Bundesregierung haben sich im Dezember 2003 im Vermittlungsausschuss auch auf die Zusammenführung der Arbeitslosenhilfe und der Sozialhilfe für erwerbslose Soziahilfeempfänger sowie in deren Haushalt lebenden wirtschaftlich unselbständigen Angehörigen geeinigt. Das Ergebnis ist das "Vierte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt
(Hartz-IV-Gesetz)".
Hartz IV hat mit seinem Artikel 1 mit Wirkung vom 1. Januar 2005 das neue Sozialgesetzbuch (SGB) II geschaffen, das den Kern der gesetzlichen Neuregelung umfasst, nämlich die Beseitigung der heute bestehenden unterschiedlichen Zuständigkeiten und Leistungsgrundlagen für Bezieher von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe für erwerbsfähige Hilfeempfänger. Es beinhaltet Leistungen zur Eingliederung in Arbeit (Beratung, Vermittlung, Förderung der Berufsausbildung, Schaffung von Arbeitsgelegenheiten), die "Grundsicherung" für die erwerbsfähigen Hilfeempfänger zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich der angemessenen Kosten der Unterkunft und Heizung als Arbeitslosengeld II, die Grundsicherung für die Mitglieder der "Bedarfsgemeinschaft", also die zum Haushalt gehörenden Angehörigen, die selbst nicht erwerbsfähig sind, als Sozialgeld, die – ergänzenden – Hilfen zur Eingliederung in Arbeit,insbesondere Betreuung minderjähriger oder behinderter Kinder oder die häusliche Pflege von Angehörigen, die Schuldnerberatung, die psychosoziale Beratung und die Suchtberatung.
Das Gesetz gilt grundsätzlich für alle erwerbsfähigen Hilfesuchenden zwischen 15 und 65, also auch diejenigen, die zwar Arbeit haben, deren
Einkommen aber nicht ausreicht, den notwendigen Lebensunterhalt zu decken. Es gilt auch für Erwerbsfähige, denen zurzeit eine Erwerbstätigkeit, zum Beispiel wegen Kindererziehung, nicht zugemutet werden kann.
Handlungsbedarf besteht im Rhein-Erft-Kreis wegen der Zuständigkeitsregelungen, denn der Gesetzgeber hat sich für eine geteilte Zuständigkeit entschieden.
Die Bundesagentur für Arbeit übernimmt zum 1. Januar 2005 (ohne Übergangsregelungen) die Zuständigkeit für die Leistungen zur Eingliederung
in Arbeit; sie reicht von der allgemeinen Beratung über den Abschluss der Eingliederungsvereinbarung und die Schaffung von Arbeitsgelegenheiten bis zu
Leistungen nach dem Altersteilzeitgesetz und die Grundsicherung.
Die Kreise und kreisfreien Städte sind für die angeführten – ergänzenden – Hilfen zur Eingliederung in Arbeit sowie die – ergänzenden – Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zuständig.
Zur einheitlichen Wahrnehmung der Aufgaben sollen die Agenturen für Arbeit, also die bisherigen Arbeitsämter, mit dem jeweiligen Kreis bzw. mit der
jeweiligen kreisfreien Stadt Arbeitsgemeinschaften bilden.
Den Kreisen und kreisfreien Städte wurde die Option eröffnet, die Ausführung des Gesetzes vollständig zu übernehmen. Würde die Option ausgeübt, wäre die Agentur für Arbeit für den Personenkreis derjenigen, die bisher
Arbeitslosenhilfe oder als Erwerbesfähige Sozialhilfe beziehen, nicht mehr zuständig.
Die Bundesagentur für Arbeit wäre nur noch für die Bezieher des Arbeitslosegeldes I zuständig. Die von den Agenturen für Arbeit einzurichtenden Job Center könnten für die übrigen Arbeit suchenden keine Anlaufstelle sein.
Im Rhein-Erft-Kreis gibt es gegenwärtig von ca. 12.000 bis 13.000 Arbeitslose, die für sich und vielfach für ihre Angehörigen Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe beziehen.