Klare Worte für die Kraftwerker

„Schon Luther sagte: Tritt laut auf, rede laut, aber höre auch bald wieder auf.“ Peer Steinbrück (SPD), Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, hielt sich nicht ganz an seine Vorgabe, sondern plauderte gestern bei der Betriebsräteversammlung der RWE Power AG in der Tennishalle Niederaußem etwas länger. Doch dafür hatte er für die rund 1000 Beschäftigten aus verschiedenen Unternehmen ein paar klare Worte parat.

Kraftwerkserneuerung und Emissionshandel – das waren die Themen, bei denen Steinbrück RWE Power die Unterstützung der Landesregierung zusagte. „Ich werde alles dafür tun, dass wir möglichst bald die Grundsteinlegung für BoA II in diesem Revier zustande bringen“, sagte Steinbrück. Und mit Blick auf den ab 2005 geplanten Handel mit Zertifikaten zum Ausstoß von Kohlendioxid fügte er hinzu: „Es kann nicht sein, dass ein Gas- und Dampfturbinenkraftwerk, das naturgemäß einen geringeren Schadstoffausstoß hat, der Maßstab auch für Kraftwerke anderer Energieträger sein soll.“

Es mache auch keinen Sinn, Kohlenkraftwerke einfach durch Gaskraftwerke zu ersetzen. Die Unternehmen der Kohleindustrie brauchten vielmehr Planungssicherheit und eine ausreichende Zuteilung von Emissionsrechten, dann könne auch in moderne Technik investiert werden. Und das diene dann nicht nur dem Klimaschutz, so Steinbrück, sondern auch noch der Sicherung von Arbeitsplätzen.

Die Pläne von Bundesumweltminister Jürgen Trittin, Gaskraftwerke im Emissionshandel günstiger zu stellen als Kohlenkraftwerke, würden nordrhein-westfälischen Anforderungen nicht gerecht. „Wir setzen alles daran, diesen Entwurf vor einer Meldung an die EU-Kommission in Brüssel zu ändern“, sagte Steinbrück.

In der Tennishalle fand Steinbrück dankbare Zuhörer. Applaus gab es nicht nur von Kraftwerkern, Kumpels und Anlagenbauern, sondern auch von Steinbrücks Parteifreunden. SPD-Kreisparteichef Guido van den Berg, Europa-Kandidat Hans-Peter Lafos und Landratskandidat Bernhard Hadel hatten morgens um fünf vor den Kraftwerkstoren Flugblätter verteilt, die sich „gegen den Ausstieg aus der Verstromung von Braun- und Steinkohle“ wendeten.

Gastgeber Erwin Winkel, Vorsitzender des Gesamtbetriebsrats bei RWE Power, hatte vor Steinbrücks Rede daran erinnert, dass Bundeskanzler Schröder in Niederaußem im Wort stehe: Bei der Inbetriebnahme des ersten Blockkraftwerks mit optimierter Anlagentechnik (BoA) vor anderthalb Jahren habe er zugesagt, dass es für RWE Power keine zusätzliche Belastung durch den Emissionshandel geben werde.

Und der Vorstandsvorsitzende von RWE Power, Berthold Bonekamp, erneuerte die Position seines Unternehmens, die milliardenteuren Pläne für den Bau weiterer BoA-Blöcke auf Eis zu legen, wenn es bei den Zusatzbelastungen für die Kohleverstromung bleibe. „Der Genehmigungsantrag für Boa bleibt in der Schublade“, sagte der gesundheitlich angeschlagene Bonekamp, der seine Rede abbrechen musste.

Der Bürgerprotest gegen die Erweiterung des Niederaußemer Kraftwerks ging hingegen fast völlig unter. Wacker hielten die Niederaußemer ihr Transparent hoch: „Hier keine BoA-Konzentration“.