Nichts erinnert an die Vorgänger

Guido van den Berg
Auf einem Werbeplakat zum Bundesparteitag hat Guido van den Berg es sich vor dem Liblaer Fritz-Erler-Haus gemütlich gemacht. "Das Wichtige tun", steht in großen Lettern auf dem blauen Banner. Genau das hat sich der neue Parteichef vorgenommen.

In dem Zimmer, in dem sein Vor-Vorgänger residierte, ist nichts mehr, was noch an Klaus Lennartz erinnert. Die Möbel im Stile des Gelsenkirchener Barock habe Lennartz mitgenommen, sagt Guido van den Berg, seit Anfang Dezember Chef der Rhein-Erft-SPD. Der 29-Jährige hat den hellen Raum vollkommen funktional ausgestattet. Ein halbes Dutzend Tische ist zu einer riesigen Arbeitsfläche zusammengerückt. „Die Stühle sind von Ikea“, sagt van den Berg. Und: „Wenn die Tische u-förmig angeordnet werden, kann ich hier den gesamten Unterbezirksvorstand unterbringen.“

Die Nüchternheit des Raums lässt durchaus Rückschlüsse auf das Programm des SPD-Chefs zu. Guido van den Berg will die Partei anders führen als seine Vorgänger Lennartz und Hans Krings. Von beiden aber will er auch wesentliche Elemente übernehmen. Die Stärke von Lennartz. Und die Bereitschaft, Diskussionen zuzulassen, von Hans Krings. Seit knapp 100 Tagen residiert der junge Chef des Unterbezirks im Liblarer Fritz-Erler-Haus – und kann bereits auf turbulente Zeiten blicken. Gleich nach seiner Wahl ging es um den Landratskandidaten. Hardy Fuß, der Fraktionsvorsitzende im Kreis und „geborene“ Kandidat, kam wegen eines laufenden Ermittlungsverfahrens nicht in Frage. „Wir haben uns zur Klausur eingeschlossen“, sagt er. Das Ergebnis ist bekannt. „Mit Bernhard Hadel können wird punkten, sein Sachverstand ist unbestritten.“ Es gehe jetzt darum, auch den Menschen Hadel rüberzubringen. Der Wesselinger Kämmerer habe nicht nur den Stadthaushalt in den Griff bekommen, er setze sich im Verein Lichtblick auch für Arbeitslose ein. „Das wissen viele nicht.“

Derweil brennt es in der Partei an allen Ecken. In Pulheim hat Dierk Timm, bis vor kurzem Ortsvereinsvorsitzender, nach den Nominierungen für den Kreistag die Brocken hingeschmissen. Er war auf der Reserveliste nur auf den vierten Platz gekommen. Es gehe jetzt darum, Timm zu halten, sagt van den Berg und lobt die Fähigkeiten des Pulheimers, den er noch aus Juso-Zeiten kennt. „Die SPD kann es sich nicht leisten, auf die Mitarbeit solcher Leute zu verzichten.“

Anders ist die Situation in Bergheim. Mit den Ursprüngen der Dauerfehde zwischen dem „Fraktionsflügel“ und Teilen der Mitglieder will sich van den Berg gar nicht beschäftigen. „Ich habe auch nicht den Ehrgeiz, die Situation dort zu befrieden“, sagt er nach einem turbulenten Wochenende, an dem rund 20 Parteimitglieder, darunter auch Ratsvertreter und der frühere Fraktionsvorsitzende Hans Wolle, ihr Parteibuch zurückgegeben hatten. „Wir vermitteln, geben Hilfen aller Art, der Unterbezirk wird aber nicht von sich aus tätig.“ Dennoch, klagt er, lähme die Bergheimer SPD das Parteibüro in Liblar. Fast täglich gebe es Eingaben und Beschwerden. „Die anderen Ortsvereine ärgern sich über Bergheim.“ Große Köpfe hätten die Partei verlassen. Und wenn Abtrünnige dort von der „Zwangsjacke der Partei“ sprächen, dann wundere ihn das schon. „Die Leute haben offenbar vergessen, dass sie in der SPD groß geworden sind.

Van den Berg ist Optimist. „Alle Mandatsträger für Rat und Kreistag sind am Freitag gewählt worden, nur der Spitzenkandidat fehlt noch.“ Auf der Mitgliederversammlung seien 180 Leute gewesen. Für van den Berg ein Signal. Der Bergheimer Parteichef Dr. Kai Faßbender habe seine Sache gut gemacht, lobt er. Und: „Die Partei geht nicht am Austritt einzelner Leute zugrunde.“ Der Bedburger, der auch noch im dortigen Rat sitzt, hofft auf eine Ende der Streitigkeiten und fordert ein geschlossenes Bild für die Kommunalwahl, volle Konzentration auch auf die Europawahl. Die 252 Parteiaustritte scheinen nicht das größte Problem des jungen Parteichefs zu sein. Auch der Umstand, dass die Zahl der Mitglieder erstmals unter die Marke von 4000 gerutscht ist, raubt ihm (noch) nicht den Schlaf. Schließlich gebe es auch Zuwächse. Allein im vorigen Jahr seien 110 vornehmlich junge Leute zur SPD gestoßen sind. Kopfzerbrechen bereiten dem jungen Parteichef derzeit vielmehr die inneren Strukturen. Und die zwingen ihn zu einem drastischen Sparkurs.

Gemäß der neuen Finanzstruktur des SPD-Landesverbandes kommt in diesem Jahr deutlich weniger Geld in die Parteikasse. Statt 140 000 Euro stehen dem Unterbezirk in diesem Jahr nur knapp 80 000 Euro zur Verfügung. „Das schmerzt“, sagt van den Berg, „und fordert einen Umbau der Organisation.“ Gemeint ist damit auch die mögliche Zusammenlegung von Geschäftsstellen.

Erstaunlich, dass van den Berg dennoch bekennt: „Bisher hat es Spaß gemacht.“