
Zu einigen Nachfragen seitens der SPD-Kreistagsfraktion hatte der Bericht der Jugendgerichtshilfe in der letzten Sitzung des Jugendhilfeausschusses geführt. Die Zahl der straffällig gewordenen Kinder und Jugendlichen alleine in den Kommunen Elsdorf und Bedburg war von 238 Fällen in 2001 auf 282 Fälle in 2002 sprunghaft angestiegen. Auffällig waren dabei die erstmals registrierten 62 Fälle, die von Kindern unter 14 Jahre begangen wurden. Die Sozialdemokraten wollten wissen, ob es auch im Rhein-Erft-Kreis Familienclans gibt, die kriminelle Kinder vorschicken, welche von der Polizei nicht belangt werden können. Schließlich bestätigte die Verwaltung, dass solche Fälle auch im Kreis vorgekommen seien, deren Zahl aber nicht genau bekannt sei.
Der Landratsbewerber Bernhard Hadel und den SPD-Kreisvorsitzenden Guido van den Berg wollen dem Thema weiter nachgehen. Deshalb haben sie den Kölner Polizeipräsidenten Klaus Steffenhagen aufgesucht, der wegen der besonderen Häufigkeit jugendlicher Wiederholungstäter in Köln bei Taschendiebstählen und Wohnungseinbrüchen nicht nur ein Netzwerk aller beteiligten Behörden – Jugend- und Sozialhilfedienststellen, Ausländerbehörde sowie Staatsanwaltschaft und Gerichte – angeregt hat, sondern die Einrichtung von Heimen für kriminelle Kinder fordert. Steffenhagen hatte sich im Bundesland Brandenburg spezielle Heime für "Klaukids" angeschaut, die dort sehr erfolgreich geführt wurden. In viereinhalb Jahren sind dort 36 kleine Serienstraftäter untergebracht für jeweils drei Jahre worden. Von denen ist bislang nur ein Einziger rückfällig geworden.
Der sozialdemokratische Kreistagsabgeordnete Guido van den Berg erläutert: "Die Heime liegen so weit außerhalb auf dem Lande, dass Ausreißer schnell wahrgenommen und leicht wieder eingefangen werden konnten." Der Kölner Polizeipräsident hatte eine vergleichbare Einrichtung auch in der Eifel angeregt, und der Kölner SPD war es gelungen ein Modellprojekt des Landes für die Stadt Köln ins Leben zu rufen, das einstimmig von allen Fraktionen im Kölner Stadtrat unterstützt wurde.
Hadel und van den Berg haben die Beobachtungen des Kölner Polizeipräsidenten und seiner Mitarbeiter, dass in Köln ansässige jugendlichen Wiederholungstäter die guten Verkehrsbeziehungen in den Rhein-Erft-Kreis nutzten, um auch hier strafbare Handlungen zu begehen.
Die Rhein-Erft SPD will nach Überprüfung der Fälle im Kreis überlegen, ob eine Beteiligung des Rhein-Erft-Kreises an der Kölner Initiative Sinn macht.
Bernhard Hadel erläutert, dass gerade die "Klaukids" für die Polizeibehörden sehr frustrierend seien: "Nicht bloß beim Taschendiebstahl, sondern auch bei bei Wohnungseinbrüchen wird zunehmend festgestellt, dass strafunmündige Kinder die Tatverdächtigen sind, die wieder freigelassen werden müssen." Guido van den Berg erklärt, dass die SPD das Thema auf die Tagesordnung der nächsten Sitzung des Jugendhilfeausschusses im Rhein-Erft-Kreis setzen werde: "In Köln hat man bereits ein Maßnahmenpaket gegen die kriminellen Kinder auf den Weg gebracht; wenn es solche Fälle auch bei uns gibt, sollten wir ebenfalls zügig handeln."
Die Rhein-Erft SPD setzt weiterhin auf den Dreiklang aus Prävention, Sanktion und Hilfe. Guido van den Berg stellt aber klar: "Die Überbetonung der Prävention führt in einigen Teilen der Gesellschaft zu Destabilisierungsprozessen. Gerade bei Kindern und Jugendlichen aus benachteiligten Milieus spielt aber auch das ‚Recht auf Bestrafung‘ eine wichtige Rolle. Strafe darf dabei nicht missverstanden werden als Stigmatisieren und Ausgrenzen eines Menschen, sondern wir verstehen Strafe als Erziehung, die Menschen wieder eine klare Orientierung ermöglicht."
Zunehmender Gewaltbereitschaft und Aggressivität müsse der Staat nach Meinung der SPD mit aller Entschiedenheit begegnen, um auch das Vertrauen der Umstehenden nicht zu verletzen. "Das Zusammenleben von verschiedenen Kulturen braucht klare Spielregeln, um die Akzeptanz zu fördern. Regelverstöße müssen geahndet werden. Das erzieherische Einwirken von Schule, Jugendhilfe und Polizei muss von der Justiz unterstützt und begleitet werden", so Bernhard Hadel.