Landes-SPD bot ein Bild der Uneinigkeit

Jochen Ott
Jochen Ott, Vorsitzender der Kölner SPD

Die Modernisierung des Landesverbandes der NRW-SPD stößt offenbar in der Region Mittelrhein auf Widerstand: Auf einer Regionalkonferenz präsentierte sich bei der Kandidatenbestimmung für den Parteivize ein gespaltenes Bild. Der Vorsitzende des Kölner Unterbezirks, Jochen Ott (29), Wunschkandidat Schartaus als künftiger Parteivize, unterlag in einer Abstimmung (40 zu 41 Stimmen) der Regionalkonferenz Mittelrhein knapp gegen den Aachener Parteichef Karl Schultheis (51). Ott steht für die Erneuerung der Partei und sparte bei seiner Vorstellungsrede auch nicht mit Kritik an der Landes-SPD.

Bei der Beisitzer-Kandidatenwahl fiel der Kölner Landtagsabgeordnete Marc Jan Eumann ebenfalls durch. Ott wurde dann allerdings für dieses Gremium mit dem besten Ergebnis (67 von 81 Stimmen) neben Martin Bornträger (Euskirchen, 54 Stimmen)), Gabriele Frechen (Rhein-Erft, 58), Liesel Koschorreck (Düren, 47), Doris Schuchardt (Oberberg, 56) und Uwe Göllner (Rhein-Sieg, 43) nominiert. Jochen Dieckmann (SPD), NRW-Finanzminister und Vorsitzender der Region Mittelrhein, geht davon aus, dass die Vorschläge der Regionalkonferenz auf dem Landesparteitag berücksichtigt werden.

Als sich das Ergebnis am späten Mittwochabend im Kölner Kolpinghaus abzeichnete, war den 84 Funktionären klar, dass sich die SPD Mittelrhein wieder einmal selbst ins Abseits gestellt hatte. Ohnehin gilt die Region Mittelrhein, die sich vor der Neuorganisation Bezirk Mittelrhein nannte, als vergleichsweise bedeutungslose Parteieinheit neben den regionalen SPD-Gliederungen Niederrhein, Ostwestfalen-Lippe (OWL) und Westliches Westfalen.

Bereits jetzt fürchten SPD-Funktionäre im Rheinland, dass Karl Schultheiß auf dem Parteitag als Stellvertreter bei den anderen Parteigliederungen schwer vermittelbar sei und zumindest nicht auf Anhieb im ersten Wahlgang gewählt werde. Der amtierende Schatzmeister und NRW-Verkehrsminister Axel Horstmann, der bereits als neuer Kandidat für den Parteivize gehandelt wurde, wehrte solche Spekulationen allerdings ab. „Die Planungen der SPD-Region OWL sehen nicht vor, dass ich als Stellvertreter kandidiere.“ Horstmann, früher Bezirkschef in OWL, räumt allerdings ein, er habe nicht damit gerechnet, dass die Entscheidung in Mittelrhein gegen Ott ausfallen werde. „Ob dies neue Diskussionen auslöst, vermag ich nicht zu sagen“, erklärte Horstmann.

Die Entscheidung der SPD-Regionalkonferenz in Köln bestätigt bei der Landes-SPD inzwischen ein lang gepflegtes Vorurteil gegen die SPD Mittelrhein. Der Bezirk war zu Zeiten, als Klaus Heugel und Norbert Rüther noch die Strippen zogen und schließlich die gesamte Partei in Affären verstrickten, vollends in Verruf geraten. Im SPD-Bezirk Mittelrhein bekam der kölsche Klüngel einen faden Beigeschmack.

Inzwischen dominiert offenbar die Aachener Klüngelschiene. „Die haben inzwischen gelernt, wie so etwas funktioniert“, erklärte ein Kölner SPD-Landtagsabgeordneter nicht ohne Neid und konstatierte: „Das war ein schwarzer Tag für die Region.“ Horstmann sieht dies grundsätzlicher und beklagt, dass einige noch nicht begriffen hätten, dass Ziel der Parteireform gewesen sei, die Führung der Landespartei zu stärken. Stattdessen seien die Regionen immer noch auf ihr Eigengewicht bedacht.

Mit Schultheiß stellte sich ein altgedienter Funktionär zur Wahl („ich habe 35 Jahre Parteierfahrung“), der als alteingesessener Aachener für sich in Anspruch nimmt, auch im Ruhrgebiet Bescheid zu wissen. Und er traut sich zu, die Probleme im Pott lösen zu können. „Ich weiß, was dort getan werden muss.“ Ott, der die Kölner SPD nach ihrer Krise in ruhigeres Fahrwasser gelenkt hat, steckt die Schlappe vorerst weg.

Der 29-Jährige hat schließlich noch mehrere Eisen im Feuer. Jetzt strebt er neben dem Beisitzer-Posten einen Sitz im Präsidium der Landespartei an. Außerdem hat sich der Kölner SPD-Unterbezirksvorsitzende als Ratsmitglied seiner Partei aufstellen lassen. Und schließlich, so sagen seine Vertrauten, werde er sich natürlich auch im kommenden Jahr für den Landtag nominieren lassen. Der junge Politiker, der in seinem Hauptberuf Studienrat an einem Brühler Gymnasium ist, hat sich also viel vorgenommen.