Bürgerversicherung: Die Besitzstandswahrer machen mobil

Die SPD hat sich auf ihrem Parteitag in Bochum für die Einführung der Bürgerversicherung entschieden. Eine bunte Koalition von Neinsagern, die von Wirtschaftsverbänden und der Privaten Krankenversicherung angeführt wird, macht seit einigen Tagen mit einer aufwändigen Medienkampagne gegen diesen Beschluss mobil. Helga Kühn-Mengel, die Sprecherin der Arbeitsgruppe Gesundheit und Soziale Sicherung der SPD-Bundestagsfraktion, zu dieser Aktion:

Es war zu erwarten, dass diejenigen, die vom Status quo profitieren, alle Hebel in Bewegung setzen, um ihre finanziellen Privilegien zu bewahren. Sie wollen, dass Besserverdienende auch in Zukunft das Recht haben, sich der Solidargemeinschaft zu entziehen. Sie nehmen viel Geld in die Hand, um der Bevölkerung Sand in die Augen zu streuen. Dabei ist ihnen kein Argument zu schade. Die Koalition der Besitzstandswahrer behauptet unter anderem, die Bürgerversicherung

-verschärfte die demografisch bedingten Finanzierungsprobleme des Gesundheitswesens,
– – änderte kaum etwas an der Lohnabhängigkeit der gesetzlichen Krankenversicherung,
– – wäre verfassungs- und europarechtlich sehr bedenklich,
– – erhalte dieVerwerfungen der heutigen Betragsbemessung,
– – bestrafe die so genannten Leistungsträger,
– – zöge einen erheblichen zusätzlichen Verwaltungs- und Kostenaufwand nach sich.

Richtig an diesen Thesen ist, dass es kein Patentrezept für die nachhaltige Sicherung der Finanzierungsgrundlagen unserer gesetzlichen Krankenversicherung gibt. Das auf dem Bochumer Parteitag beschlossene Modell einer Bürgerversicherung kombiniert im Ergebnis zwei Ansätze. Zum einen dehnt es den Kreis der Versicherungspflichtigen auf die gesamte Bevölkerung aus. Das ist der Kerngedanke der Bürgerversicherung. Zum anderen sieht das Modell die Erweiterung der Beitragsbemessungsgrundlage auf alle Einkommensarten und die Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenze vor.

Ich bin felsenfest davon überzeugt, dass die Bürgerversicherung, so wie die SPD sie sich vorstellt, die bessere, vor allen Dingen aber die gerechtere Lösung des Problems ist.

Der von den Gegnern der Bürgerversicherung so hoch gelobte Gegenentwurf des Kopfprämienmodells hat ganz gravierende Schwachstellen: Er begünstigt eindeutig die Besserverdienenden. Sie werden entlastet. Dafür werden Normalverdiener stärker belastet. Wie man allen Ernstes fordern kann, der Generaldirektor solle für seine Krankenversicherung denselben Beitrag zahlen wie seine Bürohilfskraft, will mir nicht in den Kopf. Mehr als zwei Drittel der Bevölkerung übrigens auch nicht.

Die von den Befürwortern des Kopfprämienmodells ins Spiel gebrachte Überforderungsklausel wirft mehr Fragen auf als sie beantwortet. Damit vor allen Dingen Familien nicht finanziell überfordert werden, soll der Staat Zuschüsse zu den Kopfprämien bezahlen. Diese Zuschüsse können die Größenordnung von

40 Milliarden Euro pro Jahr erreichen. Als Rheinländerin kann ich da nur den alten Karnevalsschlager zitieren, "wer soll das bezahlen, wer hat so viel Geld"? Der Staat jedenfalls nicht, denn die Bürger sollen durch die anstehenden Steuerreformen massiv entlastet werden.

Fazit: Die Bürgerinnen und Bürger dieses Landes wollen die Bürgerversicherung. Diesen Wunsch wollen und werden wir ihnen erfüllen.