Breite Mehrheit für van den Berg

Guido van den Berg
Mit 28 Jahren Vertreter der jungen Generation in der SPD: der neue Kreisvorsitzende Guido van den Berg (Bild: Uwe Schindler, Kölner-Stadt-Anzeiger)

Als die Wahl in trockenen Tüchern war, da ließen es die Sozialdemokraten am Nikolaustag in der Aula der Wesselinger Grundschule Gartenstraße erstmal so richtig krachen – ganz im Sinne ihres neuen Parteichefs, der den Spaßfaktor in der Politik künftig stärker pflegen möchte: Da erklomm der Landtagsabgeordnete Hardy Fuß im Nikolauskostüm die Bühne, stimmte mit dem Parteitag ein Nikolaus-Liedchen an und beschenkte vor allem van den Bergs Vorgänger Hans Krings reichlich: mit allerlei Utensilien, die den passionierten Jogger beim Laufen weiterbringen sollen. Fazit von Kassierer Bernhard Hadel: „Politik kann auch richtig lustig sein.“

Bergheimer durften wählen

Zu Beginn des Parteitags war’s weniger spaßig gewesen. Dafür hatten vor allem die Sozialdemokraten aus Bergheim gesorgt, die am Freitag sich noch fröhlich untereinander um Fristen für die Wahl der 27 Delegierten aus ihren Reihen gestritten und Krings am letzten Tag seiner Amtszeit eine langen Abend beschert hatten: Dabei setzte sich der Unterbezirksvorstand (UB-Vorstand) mit der Frage auseinander, ob denn die 27 auch wirklich abstimmungsberechtigt sein würden.

Vom Referat Satzungsfragen des SPD-Landesvorstandes kam letztlich grünes Licht, wie Hadel auf dem Parteitag ausführte: Zwar sei die Wahl der 27 tatsächlich zu spät erfolgt, müsse deshalb auch wiederholt werden. Doch die Wahl der 27 habe ja stattgefunden, „das Thema war ja nicht zur Seite gedrängt worden“, führte Hadel aus. Deshalb handele es sich um einen „entschuldbaren Fehler“, der nicht dazu führen könne, einen ganzen Ortsverband vom Parteitag zu suspendieren. In diesem Sinne habe der UB-Vorstand „per einstweiliger Anordnung“ entschieden, die 27 mit abstimmen zu lassen.

Zuvor hatten sich die Bergheimer aber noch den Zorn des Ehrenvorsitzenden Klaus Lennartz zugezogen. Kämpferisch hatte Lennartz, der für 40 Jahre Parteimitgliedschaft geehrt wurde, den Parteitag auf die kommenden Wahlkämpfe eingeschworen („Es geht nicht um das Eigeninteresse, sondern um die Allgemeinheit“) und den Bergheimern in diesem Zusammenhang zugeschrien: „Lasst Eure zerstörerischen Kräfte.“

Mut gemacht

Ebenfalls in Wahlkampflaune präsentierten sich der scheidende Vorsitzende Krings („Wir haben die Kommunalwahl noch nicht verloren, wir können sie gewinnen und wir werden sie gewinnen.“) und sein Nachfolger van den Berg. Viele in der CDU glaubten, die kommenden Wahlen „quasi im Schlafwagen“ gewinnen zu können. Van den Berg: „Man fährt ein wenig Fahrrad, man mischt Rheinwasser mit Erftwasser und man grübelt über Barfuß-Wanderwege nach.“ Nur damit keiner bemerke, „dass hier geschlafen wird“ – hinsichtlich der „steigenden Zahl von Insolvenzen“, „der ausbleibenden Nutzung des expandierenden Flughafens Köln-Bonn“ oder beim „Chaos in der Wirtschaftsförderung“. Die SPD werde die CDU im Kreis mit „Inhalten stellen“ und „den schwarz-gelben Filz“ beenden.

Zu Stellvertretern van den Bergs wurden die Bundestagsabgeordnete Gabi Frechen (Hürth) und die stellvertretende Landrätin Christa Schütz (Kerpen) gewählt. Dem Vorstand gehören zudem Bernhard Hadel (Wesseling) als Kassierer, Susanne Boehnke (Frechen) als Schriftführerin und diverse Beisitzer an.

INTERVIEW:
„Wir haben einen Fuß-Vorteil“

Mit dem neuen Kreisvorsitzenden Guido van den Berg sprach Uwe Schindler auf dem SPD-Parteitag.

KÖLNER STADT-ANZEIGER: Herr van den Berg, 86 Prozent Zustimmung für Sie. Ein gutes Ergebnis?

GUIDO VAN DEN BERG: Ich bin sehr zufrieden. Ich bin ja noch ein junger Vorsitzender. Da sagen viele, der soll erst mal zeigen, was er kann.

Der Kreis-SPD laufen die Mitglieder davon, allein 200 im vergangenen Jahr. Wie wollen Sie die verbliebenen 4200 Genossen halten?

VAN DEN BERG: Wichtig ist, vor Ort Konzepte für bessere Mitgliederbetreuung zu entwickeln. Und daneben müssen die Grundwerte der SPD wie Freiheit, Chancengleichheit und Solidarität auch in der täglichen Politik zu erkennen sein.

Warum halten Sie am Delegiertenprinzip fest und führen nicht Mitgliederversammlungen ein?

VAN DEN BERG: Die Leute kommen nicht zu uns, weil ihnen das Delegiertensystem gefällt, sondern weil sie überzeugende Konzepte bei uns finden. Die Mitgliederversammlung haben wir 2002 beim Bildungsparteitag ja getestet. Doch da kamen weniger Leute und nahezu die gleichen wie zur Delegiertenversammlung. Für wichtiger halte ich es, Politik anders zu organisieren und neue Arbeitsformen findet. Und dass es beim Parteitag auch mal lustig ist, so wie heute mit dem Nikolaus.

Wo haben Sie als SPD mehr zu bieten als die CDU?

VAN DEN BERG: Wir sind im Kreis klarer aufgestellt. Die CDU hat da im Moment nur ein Feld, den Tourismus. Wir machen uns Gedanken, wie man die Energiewirtschaft und die Chemieindustrie weiterentwickelt, kümmern uns um die Themen Nanotechnologie, Gesundheitszentrum und Ganztagsbetreuung.

Wer wird ihr Landratskandidat? Sie haben ja ein „Fuß-Problem“.

VAN DEN BERG: Nein, den Fuß-Vorteil. Wir sind den anderen einen guten Fuß voraus. Klar ist, dass Hardy Fuß unser erster Kandidat ist. Aber das Verfahren gegen ihn muss eingestellt sein. Wir haben noch Zeit bis spätestens Ende Februar.

KOMMENTAR:
"Probleme sind hausgemacht"

Mehr Spaß in der Politik möchte der neue Vorsitzende der Rhein-Erft-SPD, Guido van den Berg, haben. Den gab’s für ihn und seine Parteitag am Nikolaustag, als alle mal wieder richtig lachen durften – über ihren Parteifreund Hardy Fuß, der einen schönen Auftritt als Nikolaus hinlegte.

Schwer vorstellbar, dass solche fröhlichen Tage für die SPD bald zur Regel werden. Wenn Nikolaus vorbei ist, dürfte Tristesse wieder die Oberhand gewinnen. Zu sehr belasten nicht nur die Politik der eigenen Regierung in Berlin, sondern auch die hausgemachten Probleme im Kreis den aktuellen Gemütszustand der SPD. Fuß ist dafür ein Beispiel, das Problem hängt der SPD mittlerweile wie ein Klotz am Bein. Denn solange das Verfahren gegen ihn läuft, läuft bei der SPD in Sachen Landratskandidat nichts.

Laufen tun nur die Mitglieder – der SPD davon. Zwar ist Mitgliederschwund auch für andere Parteien ein Thema, doch 200 Sozialdemokraten, die binnen zwölf Monaten ihr Parteibuch zurückgegeben haben, sind eine schwere Hypothek. 5000 Mitglieder zählte die SPD vor sieben Jahren, heute sind’s nur noch 4200.

Natürlich ist der Genosse Trend ein Stück für den Rückgang verantwortlich, die Hauptschuld aber trägt die SPD selbst. Wer den ständigen Streit in der Kreisstadt verfolgt, bekommt schwerlich Lust darauf, in einem solchen Verein um politische Konzepte zu ringen. Vielleicht ist es auch deshalb an der Zeit, Parteitage für alle Mitglieder zu öffnen. Die CDU hat gute Erfahrungen damit gemacht, der SPD könnte es helfen, engere Kontakte zur Basis zu knüpfen.

Van den Berg ist um seine Arbeit nicht zu beneiden. Dennoch könnte er der SPD weiterhelfen. Ist doch mit ihm der Generationswechsel endlich vollzogen. Seine Vorgänger sind heute Männer um die 60, van den Berg zählt erst 28 Lenze. Das lässt auf frischen Schwung und neue Ideen hoffen. Und die sind dringend nötig. (Uwe Schindler)