Anlässlich der Äusserungen des Vorsitzenden der jungen Union, Herrn Philipp Missfelder, erklärt die Sprecherin der Arbeitsgruppe für Gesundheit und Soziale Sicherung der SPD
Bundestagsfraktion, Helga Kühn-Mengel:
Es ist barer Unsinn und unethisch, wenn jemand in unserer übersatten Industriegesellschaft ernsthaft die Forderung vertritt, dass älteren Menschen medizinisch notwendige Leistungen nicht mehr zu Teil werden sollen. Die Überlegung, 85-Jährigen keine Hüftoperation mehr zu bezahlen, ist pietätlos und schürt unberechtigte Ängste, dass unsere Solidarsysteme in Zukunft ihren Dienst versagen und Menschen ausgrenzen könnten. Zur Profilierung als Politiker ist dieses Thema gänzlich ungeeignet.
Diese Aussage zeigt aber, dass Vertreter der nachkommenden Zahlergenerationen den Sinn und Zweck der bestehenden Solidarsysteme in Zweifel ziehen. Die Sorge der erwerbstätigen, jungen Generation vor finanzieller Überforderung muss ernst genommen werden.
Die Regierungskoalition wird im Verlauf dieser Legislaturperiode die Finanz- wie Strukturprobleme der einzelnen Komponenten unserer Solidarsysteme angehen. Die
Problemlösungen werden Rücksicht auf den "Generationenvertrag" zur Vermeidung eines
Generationenkonfliktes nehmen.
In Zukunft müssen Ursache und Wirkung bei der Finanzsituation unserer Solidarsysteme wieder getrennt werden. Ein Problem löst man mit der Behebung der Ursache.
Die Hauptprobleme sind:
· Unwirtschaftlichkeiten führen dazu, dass Milliardenbeträge in unserem Gesundheitssystem versickern. Der aktuell gefundene gesundheitspolitische Konsens geht
dieses Problem an. Das Ziel, mehr Effizienz zu erlangen, muss zur Stabilisierung der Beiträge weiter verfolgt werden.
· Die Lebenserwartung steigt und jeder von uns bezieht somit länger Leistungen aus den Solidarsystemen. Dieses für sich genommen kann nur durch mehr Beitragseinzahlungen
kompensiert werden, in welcher praktischen Umsetzung auch immer.
· Der Geburtenrückgang. Unsere Solidarsysteme basieren auf dem Umlageverfahren und dem Generationenvertrag. Zum Erhalt bedarf es pro Erwachsenen statistisch mindestens
eines grossgezogenen Kindes (1,05). Es gilt wertneutral zur Kenntnis zu nehmen, dass derjenige, der weshalb auch immer keine Kinder grosszieht, diese Säule unserer Solidarsysteme verletzt.
· Jedes Jahr entziehen sich gute Risiken (besserverdienend, gesund) dem gesetzlichen Solidarsystem und wechseln in die private Krankenversicherung. Noch in dieser Legislaturperiode muss geklärt werden, ob dieser kontinuierliche finanzielle Aderlass der gesetzlichen Krankenversicherung weiter akzeptabel ist.