
Erftkreis / Kerpen – Vier oder zwei Säulen? Diese Frage hatte beim Bildungsparteitag der Erftkreis-SPD vergangenen Freitag im Schulzentrum Horrem-Sindorf eine herausragende Rolle. Mehr als 120 Sozialdemokraten und noch einmal über 100 Gäste aus der Eltern- und Lehrerschaft sowie aus dem Bereich der Schulpflegschaften waren in das Schulzentrum gekommen, um mit der SPD und ihrem prominenten Gast, NRW-Bildungsministerin Ute Schäfer, über eine Reform des Bildungswesens zu debattieren. Dazu hatte der Vorstand der Erft-SPD einen eigenen Antrag eingebracht mit dem Titel: „Einen neuen Anfang wagen“. Der Inhalt: Chancengleichheit, mehr Verantwortung für die Schulen, Ganztagsangebote, Lehrerausbildung – und neue Strukturen im Schulsystem.
Allein damit war die Kontroverse programmiert, denn schon dieser Punkt barg den Zündstoff, der später für heftige Knaller sorgte: „Auf mittlere Sicht streben wir ein Schulsystem an, das sich aufbauend auf der Grundschule von vier Jahren Dauer in zwei Säulen gliedert.“ Im Klartext ist damit gemeint, alle Schulformen inklusive Gesamtschule nach der Grundschule in eine zu packen und daneben nur noch das Gymnasium als Weg zur Hochschule bereit zu halten.
Neben vielen Detailfragen hatte die künftige Zahl der verschiedenen Schulformen, „Säulen“ genannt, für den Landtagsabgeordneten Hardy Fuß Priorität. Erleichtert registriert der Frechener am späten Abend, dass der Antrag zwar mit großer Mehrheit angenommen wurde, die Forderung nach nur noch zwei Säulen aber daraus gestrichen worden war. Einem Vorgehen, dem sich auch SPD-Chef Hans Krings anschloss.
Wasser auf die Mühlen der Kritiker hatte zuvor schon Bildungsministerin Schäfer gegossen: „Die vielen Säulen taugen nichts“, hatte sie erklärt. Das rief nicht nur den Kerpener SPD-Fraktionsvorsitzenden Manfred Steinberg auf den Plan, sondern auch die Bergheimer Vorsitzende der Stadtschulpflegschaft, Anne Keller. Steinberg prophezeite, die Abschaffung von Real-, Haupt- und Gesamtschule ziehe eine Volksbegehren nach sich. „Ich hoffe“, fügte er hinzu, „dass es uns nicht gelingt, die Realschule abzuschaffen.“
Anne Keller: „Wir fragen uns, wie die zweite Säule überhaupt aussehen soll?“ Die Eltern glauben nicht, dass eine zu einer Einheit zusammengefasste Real-, Haupt- und Gesamtschule in der Lage sei, die Schüler angemessen zu fördern. Keller vermutet für diesen Teil des Reformansatzes einen ganz anderen Hintergrund: „So kann man Geld sparen.“ Und zwar dann, wenn demnächst die geburtenschwachen Jahrgänge für einen Rückgang der Schülerzahlen sorgten. Eine neues System würde nicht helfen, so Keller, solange die alten Probleme – zu wenig Lehrer, zu wenig Unterricht – nicht bei allen Schulformen behoben seien.
Die SPD-Vorständler Krings, Bernhard Hadel und Sitzungsleiterin Marlies Sieburg zeigten sich jedenfalls am späten Abend zufrieden. Einen der Punkte aus dem Antrag, „Klare Reform nach gründlicher Diskussion“, sahen sie bereits erfüllt. Mehrheitlich erfuhr der Antrag auch noch andere wichtige Änderungen, etwa die Möglichkeit, einen Schulleiter zukünftig auch durch den Schullausschuss der Kommune abwählen zu lassen. Für Hans Krings ist auch wichtig, dass zwar die Eigenverantwortung der Schulen gestärkt wird. Dazu gehöre aber eine finanzielle Ausstattung, um ausreichendes und aktuelles Lernmaterial einkaufen zu können.
Auf dem Heimweg fanden viele noch gelbe Flugblätter, die an eine Demonstration der Jungen Liberalen vom frühen Abend vor dem Schulzentrum erinnerten. Eine der Forderungen: „Rücktritt der Landesregierung, wegen mangelnder (Schul-)Leistung“.
(KStA)