Bessere Arbeitsbedingungen in Kliniken erfordern mehr Kreativität, aber nicht mehr Geld

Helga Kühn-Mengel
Helga Kühn-Mengel MdB

Anlässlich der Urteilsverkündung des Bundesarbeitsgerichtes zu den Arbeitszeiten in deutschen Kliniken erklärt die Sprecherin der Arbeitsgruppe Gesundheit und soziale Sicherung der SPD-Bundestagsfraktion, Helga Kühn-Mengel:

Das gültige Arbeitszeitgesetz erlaubt bereits heute keine 38-Stunden-Dienste für Ärzte, wie sie offensichtlich noch von einigen Klinikarbeitgebern gefordert werden. Es ist gut, dass auch die Deutsche Krankenhausgesellschaft diese Missstände in den eigenen Reihen erkannt hat. Einer ihrer Sprecher beschreibt die "Zustände in den Krankenhäusern als absolut kritik- und verbesserungswürdig". Dieses Verhalten von Arbeitgebern ist für Arzt wie Patient nicht
zu verantworten. Die Gewerbeaufsicht der einzelnen Bundesländer ist gefordert, diese Arbeitgeber zur Schaffung akzeptabler Arbeitsbedingungen zu bewegen.

Sicherlich ist die Annahme falsch, dass die Einführung angestelltenfreundlicher Arbeitszeiten, zum Beispiel von Schichtsystemen, grundsätzlich mehr Geld kostet.
Zahlreiche Kliniken haben bereits in der Vergangenheit bewiesen, dass eine Umstellung auf angestelltenfreundliche Arbeitszeitregelungen kostenneutral möglich ist. Exemplarisch sei hierfür das Klinikum Ingolstadt benannt, welches für seine innovative Arbeitszeitgestaltung den "Kreativpreis des Bundes der Steuerzahler 2002 erhielt". Die Neuanstellung von 28 Ärzten war in dieser Einrichtung trotz des konstant bestehenden Kostendrucks durch folgende Maßnahmen möglich.

· Flexibilisierung der Arbeitszeit,
· Schaffung flacher Hierarchien und Abschaffung des "Halbgottes in Weiss",
· Delegation von nichtärztlichen Aufgaben an andere Berufsgruppen, um den behandelnden Ärztinnen und Ärzten mehr Zeit für ihr medizinisches Handeln zu geben,
· gradlinige und schlanke Gestaltung von Verwaltungsprozessen,
· Prägung einer Unternehmenskultur und die Neudefinition von Betriebszeiten.

Dieses Beispiel belegt, dass unternehmerisches Geschick und Verantwortungsbewusstsein bei konsequenter Nutzung neuer Informationstechnologien und Kommunikationsstrategien die kostenneutrale Schaffung zumutbarer Arbeitszeitbedingungen und die Einhaltung der
bestehenden Arbeitszeitgesetze ermöglicht.

Die Regierungskoalition hat den Verantwortlichen in den Krankenhausverwaltungen bereits 2002 im Rahmen der Fallpauschalengesetzgebung eine "finanzielle Brücke" gebaut. So sieht das Gesetz für Kliniken, welche ihre Arbeitszeitbedingungen verbessern, in den Jahren 2003 und 2004 ein Förderprogramm in Höhe von 200 Millionen Euro vor. Diese vorausschauende Regelung ist eine Anschubfinanzierung zur Umsetzung des heutigen Urteils. Effektiv können mit dieser Summe bereits jetzt bis zu 10.000 Ärzte neu eingestellt werden. Die Klinikarbeitgeber sind nun zuerst einmal zum Handeln aufgefordert.