
Anlässlich des in der heutigen Ausgabe der Berliner Zeitung zitierten Strategiepapiers der Bundesärztekammer erklärt Helga Kühn-Mengel, Sprecherin der Arbeitsgruppe Gesundheit und soziale Sicherung der SPD-Bundestagsfraktion:
Was ist eigentlich die Aufgabe der Bundesärztekammer? Da plant die Bundesärztekammer in ihrem neuesten Strategiepapier generalstabsmäßig, wie ein Bummelstreik in den Arztpraxen und Krankenhäusern aussehen und organisiert werden soll. Fortbildungsveranstaltungen während der Arbeitszeiten und verlängerte Patientengespräche seien hierbei probate Mittel. Zudem soll der Schulterschluss mit der Apothekerschaft und die Koordination der gegenseitigen Protestaktivitäten versucht werden.
In erster Linie haben die regionalen Ärztekammern und somit auch ihr Dachverband, die Bundesärztekammer, dafür Sorge zu tragen, dass die ethischen, fachlichen wie administrativen Aufgaben der ärztlichen Berufsausübung in Deutschland erfüllt werden. Die Inhalte des jetzt öffentlich gewordenen Strategiepapiers liegen weit ab von diesen Ursprungsaufgaben. Hier werden Ärzte, insbesondere aus dem niedergelassenen Bereich, vergleichsweise offen zum Vertragsbruch aufgefordert. Es sei daran erinnert, dass die Ärzte einen freiwilligen Versorgungsvertrag mit jedem einzelnen gesetzlich Krankenversicherten haben. Jeder Arzt kann, aber er muss es nicht, für die Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung arbeiten. Wenn er sich aber für den behüteten Stand des Vertragsarztes
entschlossen hat, dann ist er zur Sicherstellung der medizinisch notwendigen Versorgung an 365 Tagen im Jahr im Rahmen der Tätigkeit innerhalb seiner kassenärztlichen Vereinigung verpflichtet. Die Ärzte, welche den unverantwortlichen Streikaufrufen Folge leisten, sollten
ehrlich sein und ihre Kassenzulassung zurückgeben.
Es fällt auf, dass die heute bekannt gewordenen Protestmaßnahmen der Bundesärztekammer denen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung gleichen. Es ist verwunderlich, wie schnell Ärztefunktionäre derzeit die Drohung von flächendeckenden koordinierten Praxisschließungen, verkürzten Sprechstundenzeiten und langsamerer Arbeit bei Sicherstellung der medizinisch notwendigen Versorgung in die Tat umsetzen wollen. Diese
"Streik"- Möglichkeit belegt, dass der Sachverständigenrat mit seinen gutachterlichen Ausführungen Recht hat. Er beschrieb nämlich, dass unser Gesundheitssystem unter
gravierenden Überkapazitäten leidet, welche jeder Versicherte derzeit durch seine Beiträge bezahlt.
Vor diesem Hintergrund sind die angestrebten Maßnahmen von Bundesärztekammer und kassenärztlicher Bundesvereinigung zu begrüßen. Bisher war die Bestimmung der notwendigen Ärztedichte nicht möglich. Die Ärztestreiks werden in Zukunft die bisher vergebliche Suche nach verlässlichen Bedarfszulassungszahlen zur Zurückführung der heute
offensichtlich bestehenden Überkapazitäten ermöglichen.