„Ein Meisterwerk der Ingenieure“

"Das ist schon ein toller Tag", sagte Bundeskanzler Gerhard Schröder, "und ein gutes Beispiel für die Vereinbarkeit von Ökonomie und Ökologie." Den "Freunden in Europa" empfahl er, mal nach Niederaußem zu kommen und sich die dort erbrachte Leistung anzuschauen.

Mit 40Minuten Verspätung traf der Kanzler zur Inbetriebnahme des ersten Braunkohlenkraftwerks mit optimierter Anlagentechnik (BoA) ein. Danach hatte er es keineswegs eilig, die verlorene Zeit aufzuholen.

Im Gegenteil, nach einer launigen Rede, in der er sich klar gegen den Emissionshandel aussprach, nahm er sich noch Zeit, die neue Anlage zu besichtigen.

Die Sicherheitskräfte brachte Schröder dabei ein ums andere Mal ins Schwitzen, folgte er doch weit mehr den Wünschen der zahlreichen Fotografen als dem Protokoll. Auch für einen Plausch mit Kraftwerkern hatte er Zeit, schrieb hier ein Autogramm auf den Helm, schüttelte da Hände.

RWE zelebrierte den tollen Tag. Rund 300 geladene Gäste begrüßte Vorstandschef Dietmar Kuhnt im Festzelt. Das Orchester intonierte John Lennons "Imagine" wie eine Konzernhymne, dazu BoA-Bilder und Leistungsdaten.

Mit dem Kraftwerk setze RWE weltweit neue Umweltmaßstäbe, betonte Kuhnt und nutzte die Gelegenheit, die politische Prominenz einzuschwören auf die Ablehnung europäischer Pläne zum Emissionshandel. Weitere Investitionen in moderne Kraftwerkstechnik seien abhängig von politischen Rahmenbedingungen, die die Braunkohle nicht benachteiligen.

Ministerpräsident Wolfgang Clement erinnerte an getroffene Vereinbarungen im Zusammenhang mit dem Tagebau Garzweiler II und dem Kraftwerkserneuerungsprogramm. "Schritt für Schritt haben Landesregierung und Unternehmen alles verlässlich umgesetzt."

Und genau so verlässlich werde Deutschland weiter den einzigen heimischen und zu dem subventionsfreien Energieträger, die Braunkohle, nutzen, versicherte der Ministerpräsident.

"EU muss deutsche Leistung anerkennen"

"Ich setze da meinen Stempel drunter", versprach der Kanzler und führte aus, was Brüssel zur Kenntnis nehmen müsse: 70 bis 75Prozent der in Europa angestrebten CO-Minderung habe Deutschland allein geleistet und damit doppelt so viel wie alle anderen EU-Staaten zusammen. "Diese Leistung muss von unseren Partnern anerkannt werden, sonst müssen wir uns quer stellen."

Ministerpräsident und Bundeskanzler lobten die Ingenieurleistung in Niederaußem. Das sei eine Technik, die sich weltweit vermarkten lasse. "Wenn etwa China seine Stromproduktion darauf umstellen würde, wäre das ein größerer Beitrag zum Klimaschutz als die Vereinbarung von Kyoto", sagte Gerhard Schröder.