
"Eine Gesellschaft zeichnet sich dadurch aus, wie sie mit den Benachteiligten umgeht. Das wichtigste in Deutschland ist nach wie vor, Menschen in Brot und Arbeit zu bringen. Ein Baustein ist das Job-AQTIV-Gesetz, das die SPD-Bundestagsfraktion aufgelegt hat und das seit dem 1. Januar in Kraft ist und schon erste Wirkungen zeigt", so Helga Kühn-Mengel MdB zur Eröffnung einer Veranstaltung der SPD-Bundestagsfraktion im Wesselinger Rathaus.
Zusammen mit ihren Kollegen Uwe Göllner MdB und Ulrike Merten MdB, die beide für die SPD im Rheinsieg-Kreis kandidieren hatte die Brühlerin Franz Thönnes MdB, stellvertretender Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion eingeladen, der mit Kreishandwerksmeister Hans-Peter Wollseifer, Jürgen Geller vom Arbeitsamt Brühl, Dr. Wilhelm Adamy vom DGB den "frischen Wind" für den Arbeitsmarkt vorstellte und auf dem Podium diskutierte.
Schwerpunkte des Programms sind die Modernisierung der Arbeitsvermittlung, die Stärkung und Neuausrichtung der beruflichen Qualifizierung und die Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf.
"Insbesondere Jugendliche sollen einen Ausbildungsplatz bekommen und nicht in die Arbeitslosigkeit starten", so Thönnes. Dabei wird beim Fördern das Fordern nicht vergessen. Im Prinzip soll die Arbeitslosigkeit bekämpft werden, bevor sie entsteht. "Und die Beratungen wird individuell bei jedem Betroffenen durchgeführt. Kann das Arbeitsamt nicht helfen, besteht das Recht für den Betroffenen sich an einen privaten Vermittler zu wenden."
Auf dem Prüfstand stehen auch alle Fortbildungsträger. Sie müssen belegen, dass sie nicht am Arbeitsmarkt vorbei fortbilden. Jobrotation, Qualifizierung statt Abfindung und Zeitarbeitsverhältnisse sollen dazu beitragen, dass mehr Arbeitsverhältnisse entstehen. "Ein großer Gewinner des Job-AQTIV-Gesetz sind die Frauen. Sie kommen einfacher zurück in den Beruf nachdem sie sich der Familie gewidmet indem sie die Kinderbetreuung bezahlt bekommen während der Fortbildung", so Kühn-Mengel.
"Es gibt aber keinen Königsweg, die Arbeitslosigkeit zu reduzieren, daher hat die SPD ein Bündel von Maßnahmen vorgelegt", machte Thönnes klar.
Helfen muss dabei die Wirtschaft: Die Überstunden müssen abgebaut und alle freien Stellen müssen dem Arbeitsamt gemeldet werden.
Thönnes verwies darauf, dass alle Maßnahmen von seiten der Politik nicht greifen, wenn die Konjunktur nicht rund läuft und die Wirtschaft nicht mitzieht.
Jürgen Geller vom Arbeitsamt Brühl plädierte dafür, nicht nur auf den Abbau zu schauen, sondern auf die Zahl der geschaffenen, neuen sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnisse. "Viele kommen nicht aus der Arbeitslosigkeit, sondern sind durch Qualifizierung in die neuen Jobs gekommen," so Jürgen Geller. Ein Augenmerk sollte auch auf die vom Arbeitsplatz beurlaubten gelegt werden, zum Beispiel Frauen die Kinder aufziehen. Sie sollten während der Abwesenheit im Betrieb fortgebildet werden.
Der Handwerkervertreter Hans-Peter Wollseifer auf dem Podium machte klar, das die Förderungsmassnahmen erst bei der Großindustrie ankommen. Trotzdem hält Wollseifer das Gesetz für effektiv, da es Arbeitsverhältnisse flexibler gestaltet. " Und dies ist nötig, da die Stimmung im Handwerk im Erftkreis auf den Tiefpunkt gelandet ist." Mehr als die Hälfte der Betriebe macht keinen Gewinn, die Ausbildungsquote sinkt. Kommunen fallen als Auftraggeber aus und die Preise im Handwerk sind durch die Nebenkosten zu teuer geworden. Ein Arbeitnehmer muss heute rund 6 Stunden arbeiten, um sich eine Handwerkerstunde, die rund 47€ kostet, zu leisten. "Dies ist schlicht und ergreifend zu teuer."
Dr. Wilhelm Adamy hält das neue Gesetz für rund um gelungen aus gewerkschaftlicher Sicht. Einen Punkt betonte er beim neuen Job-AQTIV-Gesetz: Die Leiharbeit stellt die Flexibilität sicher, wird aber nicht als Lohndumping missbraucht, da im zweiten Leiharbeitsjahr voller Tariflohn gezahlt werden muss.
Neben dem Job-AQTIV wurde im Bündnis von Arbeit die Verbesserung der Arbeitsvermittlung diskutiert und beschlossen.
Adamy plädierte daher für eine ideologiefreie Zusammenarbeit aller Partner. "Es werden aus der Arbeitslosenkasse dreimal mehr Arbeitsplätze in Betrieben gefördert, als in AB-Maßnahmen in West-Deutschland". Und es muss klar werden, wer welche Missstände versucht in den Griff zu bekommen. Laut Adamy dürften aus Arbeitsamtsmittel nicht das Nachholen von Schulabschlüssen gefördert werden, dafür seien allgemeine Steuergelder einzusetzen.
In der Diskussion stimmten alle Teilnehmer zu, dass das Arbeitsamt sich als Personalabteilung des Handwerks profilieren sollte, entschlackt werden sollte von bestimmten Aufgaben, etwa das Auszahlen von Kindergeld,
Bremser werden auf der Strecke bleiben, sonst könnten die Mitarbeiter nicht effektiv vermitteln. Zustimmung fand diese Forderung gerade beim Vertreter des Arbeitsamtes. Jürgen Geller plädierte dafür den Arbeitsämter Zeit zu lassen den Umbau von einer Behörde zum Dienstleister im Personalmanagement zu schaffen. Nicht nur die Strukturen müssen geändert werden, sondern die Mitarbeiter für die neuen Tätigkeiten geschult werden.
Das dies nicht von heute auf morgen geht, machte Franz Thönnes in seinem Schlusswort klar. Daher ist es umso verwerflicher wenn im beginnenden Bundestagswahlkampf von der Opposition "so eben" mal tausende von Arbeitsplätzen versprochen werden.
Helga Kühn-Mengel: "Nur gemeinsam, Politik, Wirtschaft, Arbeitverwaltung und Gewerkschaft, werden wir den Herausforderungen auf dem Arbeitsmarkt in Zukunft gerecht."