Bericht der KÖLNISCHEN RUNDSCHAU:
(stg) "Wir sind in einer neuen Zeit, und es muß auch erlaubt sein, neue Wege zu gehen." So beschrieb der Bundestagsabgeordnete und Vorsitzende der Erftkreis-SPD Klaus Lennartz die zentrale Aufgabe von Politik und Wirtschaft in unserer Zeit.
Für Samstagmorgen hatte er zum "Innovationskongress Erftkreis" ins Info-Center des Goldenbergwerks Hürth-Knapsack gerufen. Etwa 100 geladene Gäste aus Kommunal- und Landespolitik und Wirtschaft waren gekommen, um die Vorträge von Bundeswirtschaftsminister Werner Müller und Vertretern der Informations- und Kommunikationsbranche zu hören. In seiner Eröffnungsrede sagte Lennartz, der Technologiepark Hürth zeige den gelungenen Strukturwandel in der Region. Der Erftkreis habe seine Innovationsfähigkeit im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologie nachgewiesen, die schon in naher Zukunft der größte deutsche Wirtschaftszweig sein werde.
Dennoch forderte er weitere Maßnahmen, um die Entwicklung dieses Sektors zu fördern. Zur Beseitigung des Fachkräftemangels im Bereich Informationstechnologie (IT) müßten vor allem im Bildungsbereich große Anstrengungen unternommen werden. Hier gehe der Erftkries zwar mit gutem Beispiel voran, ein weiterer Ausbau der Bildungseinrichtungen sei jedoch unabdingbar, und auch die Schulen müßten verstärkt IT-Inhalte vermitteln.
Abschließend regte Lennartz die Gründung einer Initiative "Innovativer Erftkreis" an. Gemeinsam mit fünf Unternehmen solle ein sogenanntes "Erftkreis-Semester" eingerichtet werden. Studenten im Informations- und Kommunikationsbereich sollten während dieses Semesters als Praktikanten Zugang zu den fünf Firmen haben, die einen optimalen Übergang ins Arbeitsleben gewährleisten sollten.
Wirtschaftsminister Werner Müller, der ausdrücklich darauf hinwies, dass er nicht im Namen der Bundesregierung spreche, gab sich weniger optimistisch. Er entwarf zwei Fallbeispiele, in denen er die Vor- und Nachteile der entstehenden Informationsgesellschaft schilderte.
Besonders einprägsam blieb allerdings sein Horrorszenario für das Jahr 2010, in dem die "gepriesenen Individualisten der 80er und 90er Jahre zu verblödeten Autisten" verkommen sein könnten. Es sei durchaus möglich, so Müller, dass Menschen im Internet-Zeitalter zunehmend vereinsamten, da sie immer häufiger von zu Hause aus arbeiteten.
Das Fehlen geregelter Arbeitszeiten werde die Zugehörigkeit zu Vereinen und Organisationen erschweren, politisches und gesellschaftliches Engagement werde verschwinden. Da alle benötigten Waren über das Internet bestellt würden, verödeten die Innenstädte, Kinos und Kneipen würden in Massen schließen. Wahrscheinlich werde auch die Medienkontrolle allein aufgrund der Menge der empfangbaren Fernseh-und Rundfunkprogramme versagen.
Drei Vertreter der IT-Sektors gaben praktische Einblicke in Probleme und Chancen der Branche. Der deutsch-amerikanische "Grafik-Guru" Kai Krause, ein in Fachkreisen bekannter Unternehmer, berichtete von den Unterschieden zwischen der IT-Branche in Deutschland und den USA und seinen neuen Projekten im Rheinland.
Norbert Quinkert, Vorsitzender der Geschäftsführung von Motorola Deutschland, gab einen Überblick über die Aktivitäten seiner Firma. Über "virtuelle Charaktere" referierte Olaf Schirm, Geschäftsführer der Firma "no DNA". Sie erzeugt, vermarktet und lizensiert "virtuelle Künstler" nach dem Vorbild der Lara Croft, des virtuellen Sex-Symbols der Internet-Generation.
Hierbei zieht ein lebendiger Darsteller ("teleactor") einen sogenannten Datenanzug an, so dass seine Mimik und Gestik vollständig auf den virtuellen Figur auf einem Bildschirm übertragen werden können. Solche virtuellen Darsteller würden immer populärer, und ihre Vermarktung sei ein stetig wachsender Geschäftszweig.